Qualitätsstandards im Coaching

Coaching ist kein staatlich anerkannter Beruf und nicht immer steckt gutes Coaching drin, wo Coaching drauf steht. Klienten erleben das immer wieder auf der Suche nach einer passenden Unterstützung – und auch du als Coach hast das vielleicht schon mal erfahren. Wie du als Coach dein eigenes Angebot qualitativ stärken und somit den Ruf des Berufsstandes verbessern kannst. Über Aufklärung, Transparenz, Kompetenzen und Abgrenzung.

Die Frage, woran man die Qualität von Coaching erkennen kann, habe ich mir 2004 das erste Mal gestellt. Damals habe ich erkannt, dass Coaching eine Dienstleistung ist, jedoch kein staatlich anerkannter Beruf. Somit existieren keine einheitlichen Standards sowohl einer Aus- und Fortbildung geschweige denn einer Prüfung. Daher kann sich jeder Coach nennen und seine Tätigkeit als Coaching bezeichnen. Woher weiß man dann noch, ob Coaching drin steckt, wenn Coaching drauf steht? Und wie kannst du es als Coach schaffen, dein eigenes Angebot qualitativ hervorzuheben?

Den gemeinsamen Nenner finden

Bestrebungen, Standards von Coaching, Coachingablauf und Coachkompetenzen zu setzen, gibt es. In Deutschland z.B. durch Christopher Rauen und seine Coach-Datenbank oder die Verbandsgemeinschaften und den Roundtable Coaching. Andererseits wurde um das Image und die Wirkung von Coaching gerungen, so dass sich die Forschung dem Coaching aus unterschiedlichen Perspektiven, sowohl von Seiten der Praktiker als auch von Seiten der Universitäten und Hochschulen, widmete.

Coaches stellen nicht „einfach“ Fragen

Coaching wird landläufig als Hilfe zur Selbsthilfe bezeichnet. Das bedeutet, es ist eine Unterstützung des Einzelnen oder der Gruppe zur selbstständigen Entfaltung und Entwicklung unter bestimmten Kriterien, weil der Coach im Grunde „nur“ Fragen zum Nachdenken und zur Beantwortung stellt.

Hört sich einfach an, ist allerdings komplex und bedarf einer intensiven Phase des Lernens und Übens. Wer Fragen stellt, tut dies aus eigenem Interesse, weil man neugierig ist oder helfen möchte. Dies ist willkürlich und nicht im Sinne des Coachees. Insofern benötigt man einen Plan, was man wann zu fragen hat.

Die Kompetenzen eines Coaches

Schaut man sich an, welche Kompetenzen ein Coach braucht,  kann man sich einerseits sein Handwerk anschauen (was muss der Coach, zu welcher Zeit und wie einsetzen z.B. Methoden, Fragen) und andererseits die Haltung des Coaches (Werte, Überzeugung). Folgende Kompetenzen lassen sich konkret nennen:

  1. Persönliche Kompetenz (empathisch, geduldig, führend, frei Raum gebend usw.),
  2. Fachliche Kompetenz (umfassendes Wissen zu Coaching, Ablauf, Interventionen, Modellen und Methoden aus unterschiedlichen Fachrichtungen usw.)
  3. Soziale Kompetenz (Beziehungsgestaltung zum Coachee),
  4. Feldkompetenz (seine Erfahrungen darf der Coach im Coaching nicht einsetzen, hilft jedoch zur Werbung
  5. Handlungskompetenz (die erfolgreiche Umsetzung als Tun).

Coaching folgt einem Ablauf

Mein Coaching hat beispielsweise folgenden Ablauf:

  1. Kennenlerngespräch (unverbindlich und daher kostenfrei)
  2. Veränderungsanliegen – Was beschäftigt mich?
  3. Veränderungsziel klären – Was will ich erreichen?
  4. Ressourcenidentifikation – Was macht mich aus?
  5. Verhaltensmöglichkeiten – Wie kann ich mir helfen?
  6. Controlling – Wie erfolgreich bin ich?
  7. Abschluss – ist die nachhaltige Selbstorganisation eingetreten?

Dabei ist Punkt 1 das Akquisegespräch, Punkt 2 – 5 ein intensiver Arbeitstag und Punkt 6-7 die monatelange punktuelle Entwicklungsbegleitung bis zur Zielerreichung (Datum).

Neben den Kompetenzen, die ein Coach mitbringen sollte, und den Abläufen, denen ein Coachingprozess folgt, gibt es einige Kriterien, was Coaching eben nicht ist.

Abgrenzung: keine Manipulation, Sekte

Coaching grenzt sich ausdrücklich von Sekten und sektenähnlichen Handlungen ab. Man liest ab und an noch von Ron L. Hubbard, weil seine Techniken im negativen Sinne manipulativ waren. Im Coaching muss der Coachee seine Entscheidungen selber und alleine treffen.

Abgrenzung: keine Psychotherapie

Das zweite Kriterium betrifft die Abgrenzung zur Ausübung der Heilkunde. Alle medizinischen Tätigkeiten dürfen nur die dafür staatlich anerkannten Berufe ausüben. Wichtig ist die Abgrenzung zur Psychotherapie, weil der Coachee ein emotionales Problem hat. Normalerweise betrifft dies ein Dilemma, weil man sich entweder nicht entscheiden kann, sich überzogen unter Druck setzt, an sich selbst zweifelt oder weil man nicht weiß, wie man sich durchsetzen soll und dergleichen mehr. Dabei ist der Coachee wenig erfolgreich und fühlt sich schlecht. Coaching betrifft Entwicklungsthemen des Menschen: einerseits der inneren Überzeugung (Werte, intrinsische Motivation, Bedürfnisse, eigene Identität) als auch das Verhalten sich und anderen gegenüber. Manifestiert sich der Leidensdruck so stark, dass das gesamte Leben betroffen ist, so ist dies nicht nur ein Warnsignal, sondern ein Signal dafür, dass eine Abklärung durch einen Arzt und / oder Psychotherapeuten zu erfolgen hat. Wer sich daran nicht hält und somit die Gesundheit des Coachees gefährdet, macht sich nach § 5 HeilPrG strafbar.

Abgrenzung: Führungskräfte coachen nicht die eigenen Mitarbeiter

Da Coaching eines vertrauensvollen und vertraulichen Verhältnisses bedarf, sollte man nicht von Bezugspersonen gecoacht werden. Im professionellen Umfeld sind dies die Führungskräfte. Über die Zeit des Coachings werden sämtliche Details zum Thema bekannt, anhand derer man eine Person in ihren Kompetenzen und somit der Performance messen kann. Führungskräfte haben zwar die Aufgabe, sich um die Sache und die Person zu kümmern, die arbeitsrechtliche Fürsorgepflicht gewissenhaft wahrzunehmen, jedoch auch arbeitsrechtliche Konsequenzen wie Ermahnung, Abmahnung und Kündigung auszusprechen. Ein Coach darf seinen Coachee nicht bewerten und auch nicht die Informationen aus dem Coaching weiter benutzen (insbesondere Informationen an Kollegen, Mitarbeiter, Personalabteilung, Auftraggeber des Coachings weitergeben).

Abgrenzung: Beratung

Klar ist Coaching im weiteren Sinne auch eine Beratung, weil der Coach mit seinem Fachwissen den Coachee zum Nachdenken und zur selbstständigen Entscheidung anregt. Jede Intervention ist daher als ein Rat anzusehen. Jedoch ist Beratung im engeren Sinne immer der konkrete Vorschlag, etwas zu tun oder zu unterlassen, weil der Berater mit seinem Expertenwissen den Sachverhalt umfassend analysiert, Möglichkeiten entdeckt hat, diese bewertet und daraus einen realistischen und sinnvollen Vorschlag macht. Diesem Ratschlag folgt der Klient aufgrund des Vertrauens in die Kompetenz des Beraters. Der Coach hingegen arbeitet ausschließlich mit Fragen (geschlossene, offene und besondere Arten von skalierend, zirkulär und hypothetisch) und ist dabei grundsätzlich wertschätzend, respektvoll und empathisch, es sei denn, eine Konfrontation wird zum Auslösen von Erkenntnis benötigt.

Einen guten Coach erkennen

Um erkennen zu können, ob Coaching drin steckt, wenn es drauf steht, helfen ein paar Kriterien. Als Coach kannst du dem Coachee helfen, in dem du Informationen zu deinen Abläufen, Hintergründen, Kosten und Methoden transparent bereitstellst. Zum Beispiel:

  • Wo und wann hast du deine Coachausbildung erfolgreich bestanden?
  • Kannst du dein Coaching definieren?
  • Kannst du den Ablauf deines Coachings erklären?
  • Erklärst du deine Aufgaben und die Abgrenzung von Coaching?
  • Benennst du grundsätzlich den Sinn und Zweck sowie die Wirkungen von Coaching ohne ein garantiertes Versprechen abzugeben?
  • Wie bewirbst du deine Tätigkeit? Seriös, umfassend, transparent und eindeutig?
  • Welche Referenzen und „Komplimente“ hast du erhalten?

Ein Coachingprozess dauert grundsätzlich 6 – 12 Monate, weil der Mensch so lange zur Entwicklung braucht, um sich selber zu ändern, den Entwicklungsprozess zu verstehen und aus eigenen Kräften (Ressourcen) zu mobilisieren. Die Arbeit des Coaches beträgt dabei 10 – 12 Stunden, was unterschiedlich aufgeteilt werden kann (z.B. ein Tag plus Entwicklungsbegleitung, 2 - 4 Stunden pro Thema, wöchentliches Gespräch etc.).

Daher haben sich auch bestimmte Vergütungspreise durchgesetzt. Eine Stunde liegt zwischen 100,00 EUR bis 250,00 EUR zzgl. 19% USt. Dies ist abhängig von der Branche und vor allem von der Erfahrung des Coaches. Sollten deutliche Abweichungen vorliegen, so liegt entweder ein Preisdumping oder Wucher vor.

Zusammenfassung

Die Tatsache, dass Coaching kein geschützter Beruf ist und es viele Trittbrettfahrer gibt, macht es guten Coaches oft schwer, das eigene Angebot von denen der Trittbrettfahrer abzuheben und den Ruf des Berufstandes zu verbessern. Für viele Klienten ist es schwierig, die unterschiedlichen Angebote zu unterscheiden und den für sich passenden und kompetenten Coach zu finden. Als Coach kannst du durch Transparenz und Aufklärung helfen, deinen Coachees von Anfang an Orientierung zu geben.