Raus in die Natur – Wirkung und Methoden des Naturcoachings

Die Natur ist vielfältig und steckt voller Möglichkeiten auch für's Coaching! Ein Problem nicht nur durchdenken, sondern auch bewegt erleben? Sich von den Symbolen der Natur inspirieren und stärken lassen? Vielleicht ist es Zeit, mit deinen Coachees mal raus in's Grüne zu gehen.

Die Klientin betrachtet erstaunt und sprachlos ein splitterartiges Stück Holz, das an einer großen schräg gewachsenen Buche lehnt. Dann sagt sie sichtlich bewegt: „Ich habe fünfzehn Jahre lang in Therapien gesessen und erkenne jetzt erst, wo es herkommt“. Ein anderer Klient, der mit einem beruflichen Entscheidungsthema ins Coaching gekommen ist, spürt beim Gehen auf einmal ganz deutlich, welche Alternative sich besser anfühlt und kann sich endlich entscheiden, was er tun wird.

Wirkungen und Nutzen von Naturcoachings sind so vielfältig wie die Natur selbst. Die Frage, was Naturcoaching ist oder sein kann, ist nicht einfach zu beantworten. Im Grundsatz haben fast alle gemeinsam, dass der Coach die erweiterten Möglichkeiten und Vorteile der Natur nutzt, um den Coachee in seinem Anliegen zu unterstützen.

Lösungsweg

Bewegt erleben

Naturcoaching bietet im Vergleich zu regulären Coachingformen einige Vorteile, zum Beispiel eine große Vielfalt an Orten, Pflanzen und anderen natürlichen Gegenständen, die symbolhaft zum Begreifen, Erkennen, Initiieren oder Verstärken eingesetzt werden können.

An der frischen Luft der Wälder, Berge oder an Gewässern wird Bewegung oft erst ermöglicht. Der Coachee kann neben seinem Verstand/Geist auch seinen eigenen bewegten Körper nutzen, um Fortschritte zu machen. Der Körper ist wesentlich am Erleben eines Problems beteiligt, in Form von somatischen Beschwerden bis hin zu körperlichen Ausfallerscheinungen. Naturcoachings mit Bewegungselementen haben daher einen bedeutsamen Vorteil gegenüber Coachings in umbauten Räumen: der Körper wird an der so spürbaren Lösung beteiligt.

Gehen ist die archaischste Bewegung und kann einfach in Übungen und Interventionen genutzt werden. Welche Bedeutung sie hat, zeigt auch unsere Alltagssprache: Schließlich fragen wir einen anderen Menschen, für den wir uns interessieren, auf Deutsch und in vielen anderen Sprachen: „Wie geht es dir?“ und nicht „Wie sitzt es dir?“, was eine Analogie zu Coaching-Sitzungen in Räumen wäre. Bei Naturcoachings kann leichter bewirkt werden, dass es dem Klienten nicht nur wörtlich gut geht.

Zurück in die Natur

Was Menschen dazu bewegt, sich für ein Naturcoaching zu interessieren, sind häufig bewusste oder unbewusste Ziele: zur Ruhe kommen, Zeit für sich selbst haben, eine Auszeit vom stressigen und lauten Alltag nehmen, ein Mehr an „zurück zur Natur“, oder häufig auch der ganz bewusste Wunsch, konkrete Lösungen für persönliche Probleme, Schwierigkeiten oder Themen zu entwickeln, die bis dahin alleine nicht gefunden werden konnten. Für Letzteres könnte der Coachee auch einen Coach oder Therapeuten aufsuchen, der konventionell in Räumen arbeitet. Folgende positive Nebenwirkungen würden ihm dann aber entgehen:

  • Geistige Entspannung (aktiverer Parasymphatikus) und Stressreduzierung (Senkung Cortisol-Spiegel)
  • Senkung des Blutdrucks (v.a. bei Männern)
  • Förderung von körperlicher Gesundheit durch Bewegung
  • Sauerstoffreiche und mit Terpenen angereicherte Luft unter Bäumen
  • Üben von Achtsamkeit durch die anstrengungslose Konzentration auf einfache, natürliche und schöne Dinge

Die meisten davon sind mittlerweile gut durch Studien belegt.

Welcher zeitliche und örtliche Rahmen für Coachings in der Natur gewählt und welche Methoden dabei angewendet werden, hängt im Wesentlichen davon ab, welchen Ansatz und welche dazugehörigen Methoden der jeweilige Naturcoach erlernt hat. Die Bandbreite ist groß: von der Durchführung überlieferter Rituale aus besonders naturnahen Kulturen bis hin zu kürzeren Coachinginterventionen. Das Ziel kann eine größere Verbundenheit zur Natur und zu sich selbst sein oder das Erleben von neuen Lösungen und die Stärkung von Selbstwirksamkeit.

Gutes Gehen

Eine sehr einfache Übung heißt „Gutes Gehen“. Der Coachee wird dabei angeleitet, so zu gehen, wie es ihm gut tut:

  • Gehe jetzt in der Art und Weise, die dir gut tut. Geh so, wie du gehst, wenn's dir gut geht - ganz angenehm, entspannt, frei oder locker. Lass es dir einfach gut gehen.
  • Bemerke, wie du gerade gehst. Was du mit deinen Füßen, Beinen und Armen machst. Wo schaust du hin und wie atmest du?
  • Bemerke, was dir besonders gut tut und mache es mehr oder deutlicher! Lass es dir einfach gut gehen und genieße dein Gehen, solange du magst!

Wenn das gute Gehen fleißig geübt wird, kann es auch in schwierigen Situationen abgerufen werden – selbst wenn man gerade nicht geht, durch die Erinnerung daran oder durch das Ausführen konkreter Bewegungen daraus (Arme, Beine, Blick, Atmung).

Atmen mit Pause

Im Alltag fällt es uns oft schwer, rechtzeitig und genügend Pausen zu machen. Eine einfache Atemübung an der frischen Luft, umgeben von der Natur kann diesen Nutzen erlebbar und bewusster machen. Die Atmung kann in drei Phasen ausgeführt werden – Einatmen, Ausatmen und eine Pause danach. Sich auf diese Pause zu konzentrieren, beruhigt und entspannt:

  • Atme zunächst im Stehen und zähle dabei stumm oder auch mit Hilfe deiner Finger für jede Atemphase zunächst ein paar Mal bis 2, dann bis 3 und bis 4.
  • Bemerke, wie es dir immer besser gelingt, deine Atemphasen möglichst harmonisch nacheinander und immer leichter zu erleben.
  • Gehe jetzt los und versuche nun im Gehen deine Atmung mit deinen Schritten zu synchronisieren - für jede Atemphase jeweils zwei, drei oder vier Schritte. Bemerke, welcher Rhythmus von Atmung und Schritten dir besonders gut tut und gehe etwas länger auf diese Art und Weise.

Symbol-Arbeit

In der Natur gibt es viel zu entdecken! Dies kann man sich im Naturcoaching zunutze machen, indem man mit Natursymbolen arbeitet. Zum Beispiel kann der Coachee Natursymbole finden, die für seine Ressourcen stehen. Das funktioniert besonders gut, wenn der Coachee nicht bewusst sucht, sondern die Symbole aus dem Bauch heraus mit viel Intuition findet. Die gefundenen Symbole werden dann beschrieben und gedeutet. 

  1. Beschreibung: Gegenstand wahrnehmen, erforschen und beschreiben lassen mit möglichst allen Sinnen
  2. Bedeutung: Über Assoziationen/Erinnerungen Ideen für die Bedeutung/ Nutzung/Hilfe kommen lassen
  3. Benennung: Nachdem die persönliche Bedeutung erkannt wurde, der Ressource einen Namen geben und mitnehmen lassen

Die gefundenen Symbole können auch als Stellvertreter für Aufstellungen oder zur Entwicklung eines konkreten neuen Schrittes/Verhaltens genutzt werden.

Sich Zeit nehmen

So, wie die Natur sich ihre Zeit nimmt, um zu wachsen, dauern Naturcoachings häufig länger, um die unbewussten Möglichkeiten der Menschen stärker zu nutzen. Dies wird von den Teilnehmern meist als sehr angenehm begleitend, hilfreich und bedeutsam wahrgenommen – im Unterschied zu dem erlebten Alltag in Familie und Arbeit, die mit viel bewusstem Denken und rationalem Verhalten gefüllt sind. Es dauert eben so lange, bis die Dinge klarer erkannt, neue Möglichkeiten gesehen oder Entscheidungen gereift sind – dem bekannten Sprichwort folgend: „Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.“ Man kann natürlicherweise nichts erzwingen; Veränderungen im Erleben und Verhalten brauchen ihre Zeit, und man sollte sie wachsen lassen.