Morgens ein Bewusstsein für den Tag schaffen – Interview mit Annika Isterling

Frau lieg auf Bett mit Frühstückstablett

Guten Morgen! Wie bist du heute früh in den Tag gestartet? Yogalehrerin und Yogatherapeutin Annika Isterling verrät dir in unserem psylife-Interview, warum es wichtig ist, morgens erstmal mit sich selbst einzuchecken, sich ein paar Minuten Zeit für sich selbst zu nehmen und warum beständige Routinen dabei so hilfreich sind.

Annika, wie startest du persönlich in den Tag?

Als allererstes mache ich mir Morgen für Morgen bewusst, dass ich glücklich sein und einen guten Tag haben möchte. So versetze ich mich in eine positive Emotion. Emotionen sind Energien und Energien sind Schwingungen – diese Schwingungen verteilen sich auf den ganzen Tag. Gefühle multiplizieren sich, darum ist es so wichtig, mir bewusst zu werden, wie mein Tag verlaufen soll. Danach vollziehe ich meine persönliche Routine aus Meditation und Organpflege aus dem Ayurveda.

Annika Isterling

Warum hilft da eine Morgenroutine?

Eine Morgenroutine bringt Selbstbewusstsein und erhöht das Selbstwertgefühl. Ich verbinde mich dadurch mehr mit mir selbst und nehme mir Zeit für mich. Dadurch, dass ich bereits den Morgen mit einem Gefühl von „Check - habe ich schon gemacht“ beginne, feiere ich kleine Erfolge, die mich schon früh in einen positiven Zustand versetzen und mir Zuversicht geben –  für mich selbst und für den Tag.

Frau fält Kaffeetasse in beiden Händen

Welche Tätigkeiten eignen sich denn besonders gut für den Start in den Tag?

Alles, was dich auf dich selbst zentriert und fokussiert. Das heißt, bevor du dein Smartphone in die Hand nimmst und dich z.B. über Social Media oder deine Emails nach außen orientierst, ist es das Beste, erstmal bei dir selbst einzuchecken, denn das alleine gibt schon Ruhe und Verbundenheit. Alles was dir dazu einfällt – Meditation, Atemübungen, in Stille sitzen und sich selbst bewusst zu werden oder Yoga – sind wunderbare Dinge, um in diese Verbindung zu kommen. Das ist ein fantastischer, entspannter Start in den Tag. Vielleicht ist es auch nur dieser eine bewusste Atemzug, den man sich selbst schenkt, um in Verbindung mit sich selbst zu sein.

Frau in Yoga Pose

Welche Rolle spielt Yoga für dich?

Yoga ist für mich eine wunderbare Art und Weise, um in die Verbindung mit mir selbst zu treten – über das bewusste Atmen, die Bewegung und die Achtsamkeit, die ich mir selbst auf der Matte entgegenbringe. 

Schaust du spontan wonach dir morgens ist?

Da Gefühle und Empfindungen Schwankungen und Veränderungen unterliegen – das heißt wir wachen an einem Morgen auf und sind super positiv drauf, am nächsten Morgen haben wir vielleicht schlechte Laune oder sind traurig – hilft eine feste Routine, um in den Tag zu kommen. Egal wie die Nacht war oder wie ich mich morgens fühle, mache ich mir klar, dass das, was ich eigentlich möchte, Freude, Glücklichsein, Liebe, Empathie, Freiheit etc. ist. So bringe ich mich in den Modus und die Stimmung. Dafür gibt es verschiedene Tools: das kann meine Yogapraxis sein, ein Dankbarkeitstagebuch oder inspirierende Quotes, die ich neben meinem Bett liegen habe, um mich in diese Stimmung hineinzuversetzen. Ich empfinde es als sinnvoll und wertvoll, eine feste Routine zu haben, unabhängig davon wie ich mich gerade fühle, da das immer etwas Schwankendes ist. Was wir im Leben suchen, ist Beständigkeit und Sicherheit durch feste Routinen. 

In meinen Routinen bin ich stetig und zuverlässig, in meiner Yogapraxis erlaube ich mir jedoch die Freiheit, sie danach auszurichten, wonach ich mich fühle und was ich gerade brauche.

Wie finde ich heraus, was mir an der Stelle gut tut?

Das ist die gleiche Frage wie im Restaurant: Worauf habe ich eigentlich Hunger? Sich auf der Yogamatte genau die gleiche Frage zu stellen, wäre dann: Was braucht mein Körper heute? Ist das Stabilität? Brauche ich mehr Flexibilität? Oder brauche ich mehr Vertrauen? Ein Gefühl von Verbundenheit? Habe ich das Gefühl ich muss lernen, mehr loszulassen? Danach suche ich meine Yogapraxis aus, da jede Stellung für bestimmte Attribute steht. Ich kann mir mir meine Sequenz so aufbauen, dass sie ein Gefühl verstärkt.

Gibt es auch No-Gos für den Morgen?

Es gibt für mich keine No Gos für den Morgen, es gibt vor allen Dingen keine Verbote und auch keine strikten Regeln. Auch wenn ich es einen Tag nicht zu meiner Morgenroutine schaffe, dann geht es um ein liebevolles Annehmen und am nächsten Morgen neu Anfangen. Sobald es zu dogmatisch wird oder es zu vielen Grenzen und Richtlinien gibt, geht der Spaß verloren, und ich finde das ist das einzige No Go: keine Freude und keinen Spaß mehr daran zu haben.

Viele Morgenroutinen klingen ziemlich zeitaufwendig. Was mache ich, wenn ich um 8 Uhr in der Praxis sein muss, aber auch kein Frühaufsteher bin?

Vielleicht ist deine minimalistische Morgenroutine einfach nur fünf Minuten lang, indem du dich schon im Bett aufsetzt, die Augen schließt und das Bewusstsein in diesen fünf Minuten erstmal nur auf deinen Atem richtest und am Ende der fünf Minuten das Bewusstsein auf dein Herz lenkst, hinein fühlst und dir visualisierst, wie genau du dich heute fühlen möchtest, welche positive Emotion dir in deinem Tag am meisten hilft.

Frau liegt auf dem Bett

Und damit beeinflusst du dann auch, wie dein Tag in der Praxis laufen wird...

Genau, je positiver ich in den Tag starte, je zuversichtlicher und je mehr ich bei mir selbst bin, desto mehr kann ich davon in meinen beruflichen Alltag mit hinein nehmen.

Du reist viel. (Wie) schaffst du es, deine Morgenrituale unterwegs beizubehalten?

Ich habe eine gewisse Flexibilität, wenn ich unterwegs bin, z.B. wann genau ich aufstehe. Das heißt, ich versuche überhaupt nicht dogmatisch zu sein, wenn mein Tag im Urlaub später beginnt, dann stehe ich nicht immer um 5 Uhr morgens auf. Es ist wie Zähne putzen, da nehme ich mir die gleiche Flexibilität: Wenn ich ausschlafen kann, dann putze ich mir die Zähne erst um halb 10, wenn ich Montag morgen zur Arbeit gehe, putze ich sie mir schon um halb 7. Und genau so ist es mit meinen Morgenroutinen. Das ist die Flexibilität, die ich mir erlaube: wann ich beginne und auch in welchem Umfang ich meine Morgenrituale durchführe. Aber es ist immer gut, erstmal mit sich selbst einzuchecken und sich selbst zu versorgen, die Sinne, mit denen ich danach die Welt aufnehme, erstmal zu reinigen, um danach viel intensiver in den Alltag und dieses Leben eintauchen zu können.

Finde persönliche Inspirationen z.B. in Büchern, die du dir für den Morgen bereitlegst. (Foto: Toa Heftiba – Unsplash.com)

Und was, wenn man’s mal nicht schafft?

Und wenn man es mal nicht schafft, dann nimmt man sich einfach liebevoll an, für das, was man heute machen konnte und auch für das, was man heute nicht machen konnte – und nimmt es sich für morgen wieder vor. Vielleicht stelle ich mir den Wecker dafür früher, vielleicht lege ich meine Yogamatte oder meine Nasendusche schon raus, ein inspirierendes Buch bereit und bin dafür am nächsten Morgen umso motivierter. Wichtig ist nur, dass man es zu einer Gewohnheit werden lässt, denn je länger die Pausen oder Lücken werden, desto schwieriger ist es, wieder reinzukommen. Manchmal lohnt es sich einfach, nur zwei Sachen zu machen, statt sich zu viele Dinge vorzunehmen. Die japanische Methode Kaizen beschreibt, wie wichtig es ist, nach niedrighängenden Früchten zu greifen – das heißt, wähle Morgenroutinen, die einfach sind, sich sofort sinnvoll für dich erschließen und aus denen du den größtmöglichen Nutzen ziehen kannst. Baue dir nicht zu viele Vorhaben hintereinander auf, sondern starte mit ein oder zwei Sachen – und eventuell weitet sich deine Routine von ganz alleine mehr aus.

Ich bedanke mich für dieses Interview!

 

Wir haben zu danken!