5 Tipps, wie du dein Immunsystem in der Erkältungszeit stärkst

Eine Frau hält sich eine halbierte Orange vor die Augen.

Der Winter ist da und mit ihm die Erkältungswelle. Auch mich hat es schon erwischt – und zwar nicht nur ein Mal. Nachdem ich meinen Patient:innen wiederholt absagen musste, stellte ich mir die Frage: Kann ich künftig etwas tun, um mein Immunsystem in der kalten Jahreszeit zu unterstützen und das Risiko minimieren, überhaupt krank zu werden?

Als mich diesen Winter die Erkältung packte, blieb ich zuhause, sagte meine Therapietermine ab und sah zu, dass ich wieder auf die Beine kam. Schließlich hat niemand etwas davon, wenn ich mit laufender Nase in der Praxis sitze, meine Erkältung verschleppe oder jemanden anstecke.

Nur leider hat mich die Erkältungswelle diesen Herbst/Winter nicht nur einmal erwischt... und beim nächsten Mal, einen Monat später, meldet sich dann doch mein schlechtes Gewissen, als ich schon wieder allen Patient:innen absagen musste. Soll ich nicht doch lieber in die Praxis?

 

Präsentismus: Wenn du krank zur Arbeit gehst

Das Phänomen, trotz Krankheitssymptomen zur Arbeit zu gehen, nennt sich Präsentismus. Wenngleich Präsentismus in allen Arbeitsbereichen vorkommt, scheinen laut einer Metaanalyse von Gail Kinman (2019) Menschen in Gesundheitsberufen ganz besonders davon betroffen zu sein, allen voran die Ärzt:innen. Mit Sicherheit kennen auch viele von uns Psychotherapeut:innen und Coach:innen das Gefühl, nicht fehlen zu dürfen. Sei es aus Verantwortungsgefühl, hohen Ansprüchen oder finanziellen Gründen – mit der Folge, dass man in der Praxis erscheint, obwohl die Krankheitssymptome eigentlich dagegensprechen würden.

Mindestens genauso viele gute Gründe gibt es, zuhause zu bleiben, sich zu schonen und auszukurieren. Diese Gründe habe ich schon mal ein einem anderen Artikel beleuchtet und damals für die Selbstfürsorge in Krankheitsphasen plädiert. Die eigene Gesundheit sollte an erster Stelle stehen. Tatsächlich zeigt die Metaanalyse von Kinman auch, dass Präsentismus langfristig das Risiko für Herzerkrankungen, chronische Erschöpfung, Burnout und lange Fehlzeiten erhöht.

Eine Frau sitzt erschöpft am Rechner, vor ihr liegen benutzte Taschentücher auf dem Tisch.

Die zwei Wege, um das Risiko für Infekte zu senken

Für mich stand auf jeden Fall fest: ich bleibe lieber ein paar Tage zuhause, anstatt langfristig meine Gesundheit zu gefährden. Zum Glück reagierten die meisten Patient:innen auch durchaus verständnisvoll für die Situation. Zeitgleich möchte ich als Therapeutin natürlich zuverlässig sein und stellte mir daher die Frage: Kann ich künftig etwas tun, um mein Immunsystem in der kalten Jahreszeit zu unterstützen und vielleicht das Risiko etwas minimieren, überhaupt krank zu werden?

Laut Stiftung Gesundheitswissen gibt es zwei Möglichkeiten, das Risiko für eine Erkältung oder andere Infekte zu senken:

  1. Ansteckungen vermeiden und
  2. das Immunsystem als Schutzschild stärken.

Wie wir Ansteckungen vermeiden können, haben wir in den letzten knapp drei Jahren Corona-Pandemie zu Genüge erfahren: Hände waschen und desinfizieren, regelmäßig gut durchlüften und so weiter. Aber wie können wir unser Immunsystem als Schutzschild stärken?

Auf diesen 5 Wegen kannst du dein Immunsystem in seiner Funktion bestmöglich unterstützen:

 

1. Trinken, trinken, trinken

Um Erreger direkt wieder nach draußen zu befördern, bevor sie sich überhaupt breit machen können, hilft es, ausreichend zu trinken. Denn wer ausreichend trinkt, unterstützt die Schleimhäute, mehr Schleim zu produzieren. Das ist vor allem dann sinnvoll, wenn wir uns viel in beheizten Räumen aufhalten, denn durch trockene, wenig durchlüftete Räume trocknen die Schleimhäute schneller aus und das macht uns anfälliger für Infektionen. Über die Frage, wie viel Wasser man trinken soll, diskutieren Forscher:innen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt aktuell 1,5 Liter Flüssigkeit täglich über den Tag verteilt.

Auf das Trinken von Alkohol solltest du hingegen verzichten, denn er schwächt das Immunsystem. Erreger haben dann eine bessere Chance, sich zu verbreiten. Wenn du merkst, dass ein Infekt im Anflug ist, verzichte also lieber auf den Glühwein und trink stattdessen eine Tasse Tee. Die Ärztin Dr. Anne Fleck vom Podcast „Gesundheit und Ernährung“ schwört auf Kamille und Salbei, die eine antientzündliche und schleimhautschützende Wirkung haben sollen, sowie auf Cistus-Tee, dem eine antivirale und antibakterielle Wirkung nachgesagt wird. Dr. Fleck empfiehlt, Tees nicht erst dann zu trinken, wenn die Erkältung schon im Anflug ist, sondern auch schon präventiv. Stell dir also am besten eine Kanne Tee in deine Praxis und trink zwischendurch immer wieder davon.

Zwei Hände mit lackierten Fingernägeln halten eine Teeschale.

2. Bunt essen

Gelb, orange, rot, grün: Je bunter der Speiseplan ist – also mit viel Obst und Gemüse -, umso wahrscheinlicher ist es, dass wir mit vielen verschiedenen Nährstoffen versorgt sind, die uns bei der Abwehr von Erregern unterstützen können. Ballaststoffe sind ebenso wichtig, denn der überwiegende Teil unseres Immunsystems befindet sich im Darm. Laut dem Bundeszentrum für Ernährung sitzen rund 70 Prozent der Abwehrzellen in der Darmschleimhaut. Durch unsere Ernährung können wir die „guten Darmbakterien“ füttern, die unser Immunsystem stärken. Diese mögen z. B. Vollkornprodukte und Gemüse. Fermentierte Lebensmittel wie Sauerkraut sorgen ebenso für ein positives Darmmilieu.

Fastfood und schwer verdauliches Essen hingegen belasten unseren Körper. Wenn Magen und Darm mehr arbeiten müssen, hat unser Immunsystem weniger Energie übrig, um gegen Erreger zu kämpfen.

Und was ist mit Nahrungsergänzungsmitteln wie Vitamin C oder Zink? Wenngleich diese Nährstoffe unser Immunsystem stärken, ist die Wirksamkeit von Nahrungsergänzungsmitteln zur Stärkung des Immunsystems bislang nicht ausreichend belegt. Das Bundeszentrum für Ernährung geht davon aus, dass die Einnahme zusätzlicher Nahrungsergänzungsmittel vor allem für jüngere und gesunde Menschen meist nicht erforderlich ist.

 

3. Stress reduzieren

Ob soziale Verpflichtungen, Geschenkemarathon oder letzte Terminanfragen: grade das Jahresende bringt viel Stress mit sich. Stress beeinflusst jedoch unsere Immunabwehr - vor allem dann, wenn er chronisch wird, also einen Monat oder länger anhält. Studien zeigen, dass wir in der Folge anfälliger für Krankheitserreger werden (z. B. Cohen et al, 1998). Ein guter Grund also, in der kalten Jahreszeit noch mal mehr darauf zu achten, Stress zu reduzieren und Entspannung in den Tag einzubauen. Du kannst zum Beispiel auf regelmäßige Pausen achten, mehr Achtsamkeit in deinen Alltag integrieren, zwischen den Terminen eine Runde Office-Yoga machen oder einfach mal aus vollem Herzen lachen. Lachen soll nämlich die Produktion von Stresshormonen bremsen und das Immunsystem stärken. Wo kannst du zum Jahresende noch mal Stress reduzieren und einen Gang runterfahren? Was entspannt dich?

 

4. Viel schlafen

Gegen den Stress hilft es auch, ausreichend zu schlafen. Nachts sind die Abwehrzellen deines Immunsystems besonders aktiv. Der Schlaf fördert zudem das Gedächtnis deines Immunsystems, also die Fähigkeit, Erreger nach einem ersten Kontakt wiederzuerkennen und zu bekämpfen. Wer weniger schläft, ist hingegen deutlich anfälliger für Erkältungsviren, zeigen Studien (z. B. Prather et al., 2015).

Zwei Frauen gehen dick eingepackt auf einem verschneiten Fußweg spazieren.

5. In Bewegung bleiben

Auch wer sich regelmäßig bewegt, stärkt das Immunsystem. Laut Baum und Liesen (1998) ist ein moderates Ausdauertraining besonders günstig, um die Funktionalität des Immunsystems zu unterstützen. Bewegung und körperliches Training tragen dazu bei, das sogenannte „Open Window“ kleinzuhalten, also das Zeitfenster, in dem das Immunsystem geschwächt ist und auf Krankheitserreger besonders anziehend wirkt. Wer sich an der frischen Luft bewegt, stärkt das Immunsystem doppelt, denn dadurch wird die Produktion von Vitamin D angeregt, welches die normale Funktion des Immunsystems unterstützt. Also geh in der nächsten Mittagspause doch mal eine Runde um den Block, steige auf dem Arbeitsweg eine Haltestelle früher aus oder verlege die nächste Therapie- bzw. Coachingstunde einfach mal nach draußen. Auch wenn an dem Ratschlag, „zieh dich warm an, sonst erkältest du dich“ nicht unbedingt etwas dran ist: trotzdem Schal und Mütze nicht vergessen.

Wer auf die genannten Punkte achtet, sorgt für die optimalen Voraussetzungen, unter denen das Immunsystem gut arbeiten und Erreger gezielt abwehren kann. Zwei bis vier Infekte pro Jahr sind für Erwachsene allerdings normal. Falls es dich also trotzdem erwischt, erhol dich gut und bleib am besten ein paar Tage zuhause.

 

Literatur

Baum, M. & Liesen, H. (1998). Sport und Immunsystem. Deutsches Ärzteblatt, 95(10). Online abrufbar (Stand 12/2022): https://www.aerzteblatt.de/archiv/9761/Sport-und-Immunsystem

Cohen, S., Frank, E., Doyle, W., Skoner, D., Rabin, B., & Gwaltney, J. (1998). Types of stressors that increase susceptibility to the common cold in healthy adults. Health Psychology, 17(3), 214–223. https://doi.org/10.1037/0278-6133.17.3.214

Deutsche Gesellschaft für Ernährung (2017). Vollwertig essen und trinken nach den 10 Regeln der DGE. Online abrufbar (Stand 12/2022): https://www.dge.de/fileadmin/public/doc/fm/10-Regeln-der-DGE.pdf

Fleck, A. (2022). Wunderwaffe Tee und was noch gegen Erkältungen hilft [Audio-Podcast]. In Dr. Anne Fleck - Gesundheit und Ernährung mit BRIGITTE LEBEN!. Online abrufbar (Stand 12/2022):  https://www.podcast.de/podcast/940312/dr-anne-fleck-gesundheit-und-ernaehrung-mit-brigitte-leben

Hoc, S. (2003). Psychoneuroimmunologie: Stress erhöht Infektanfälligkeit. Deutsches Ärzteblatt PP, 2, S. 83. Online abrufbar (Stand 12/2022): https://www.aerzteblatt.de/archiv/35552/Psychoneuroimmunologie-Stress-erhoeht-Infektanfaelligkeit

Kinman, G. (2019). Sickness presenteeism at work: prevalence, costs and management. British Medical Bulletin, Volume 129, Issue 1, Pages 69–78, https://doi.org/10.1093/bmb/ldy043

Lingenhöhl, D. (2015). Alkohol belastet schnell das Immunsystem. Spektrum. Online abrufbar (Stand 12/2022): https://www.spektrum.de/news/alkohol-belastet-schnell-das-immunsystem/1326580

Dr. Müller, C. (2022). Das Immunsystem stärken: Essen für eine gute Abwehr – worauf es ankommt. Online abrufbar (Stand 12/2022):  https://www.bzfe.de/ernaehrung/ernaehrungswissen/gesundheit/das-immunsystem-staerken/

Dr. Popert (2020). Erkältung: Symptome, Dauer und Behandlung. Apotheken Umschau. Online abrufbar (Stand 12/2022): https://www.apotheken-umschau.de/krankheiten-symptome/infektionskrankheiten/erkaeltung/erkaeltung-symptome-dauer-und-behandlung-736691.html

Prather A., Janicki-Deverts D., Hall M., Cohen S. (2015). Behaviorally Assessed Sleep and Susceptibility to the Common Cold. Sleep, 38(9). DOI: 10.5665/sleep.4968

Schmid, S. & Lang, S. (2019). Arznei ohne Nebenwirkungen - Lachen ist Medizin. Online abrufbar (Stand 12/2022): https://www.apotheken.de/gesundheit/gesund-leben/igel-check/11389-lachen-ist-medizin

Stiftung Gesundheitswissen (2022). So können Sie Erkältung und Grippe vorbeugen. Online abrufbar (Stand 12/2022): https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/gesundes-leben/koerper-wissen/so-koennen-sie-erkaeltung-und-grippe-vorbeugen