Herbstzeit, Schnupfenzeit - Krank in die Praxis?

„Das ist bloß ein bisschen Husten, ich kuriere mich am Wochenende aus.“ – Wie oft hast du dich schon krank in die Praxis geschleppt, um deinen Patienten nicht abzusagen – und dich dann doch durch den Tag gequält? Ansteckungsgefahr, Verschleppung und fehlende Konzentration: es gibt einige Gründe trotz der Gewissensbisse zuhause zu bleiben. Ein Plädoyer für die extra Portion Selbstfürsorge in der Erkältungszeit.

Der Herbst ist da und wir erfreuen uns an bunten Blättern, Kerzenschein und warmem Tee. Mit der kälteren Jahreszeit hält allerdings nicht nur die Gemütlichkeit Einzug, sondern leider auch Schnupfen, Husten und grippale Infekte. Der Kopf ist schwer, die Glieder tun weh und eigentlich wollen wir nichts lieber, als uns ins Bett zu legen und tagelang durchzuschlafen – wenn da nicht die Arbeit wäre.


Gründe, krank zur Arbeit zu gehen

Gehe ich zur Arbeit – oder nicht? Diese Fragen stellen sich wahrscheinlich viele während der Erkältungszeit. Laut dem „DGB-Index Gute Arbeit“ gehen rund zwei Drittel aller Befragten mindestens einmal im Jahr krank zur Arbeit und knapp die Hälfte sogar eine Woche lang oder mehr. Psychotherapeuten, Coaches und Berater sind da bestimmt keine Ausnahme. Gründe, sich trotz Krankheit zur Arbeit zu schleppen, gibt es einige:

  • Ich will meinen Klienten nicht absagen.
  • Patient XY geht es aktuell so schlecht.
  • Der Termin mit XY ist wichtig.
  • Ich muss noch die Anträge fertig machen.
  • Es bleibt zu viel liegen.
  • Am Ende habe ich nur noch mehr Arbeit.
  • Das bisschen Husten...
  • Zähne zusammenbeißen, das geht schon.
  • Ich kann mir den Honorarausfall nicht leisten.

Nichts wird so heiß gegessen, wie gekocht

Wie viele dieser Gründe bewahrheiten sich wirklich? Hast du auch schon mal die Erfahrung gemacht, dass der Termin, über den du dir so lange den Kopf zerbrochen hast, am Ende leicht nachgeholt werden konnte oder von dem Klienten ohnehin abgesagt worden wäre (weil sie zum Beispiel von der gleichen Erkältungswelle erwischt worden sind)? Oder dass sich der Antrag nach der Auszeit deutlich leichter schreiben lässt, als wenn du ihn unter Schnupfen und Husten getippt hättest? Unser Ego hört es nicht so gerne, aber meistens dreht sich die Welt ohne größere Probleme weiter, auch wenn wir uns mal ein paar Tage rausnehmen. Die Kollegin kann mal etwas übernehmen, die Deadline lässt sich doch noch mal verschieben und die Klienten zeigen Verständnis.

Als Therapeuten, Coaches und Berater ist es uns vertraut, anderen zu helfen. Wir nehmen im therapeutischen Rahmen uns selbst und aktuelle Befindlichkeiten zurück. Nur: Krankheitsphasen sind die falsche Zeit dafür. Es gibt nichts Wichtigeres als die eigene Gesundheit! Was spricht also alles dafür, zuhause zu bleiben?


Ansteckungsgefahr

Auch wenn du „nur ein bisschen Husten hast“, stecken Viren und Bakterien dahinter, die sich leicht übertragen können. Du willst Patienten und Klienten bei der Lösung ihrer Probleme helfen und sie nicht mit deiner Erkältung anstecken. Auch Praxiskollegen finden es meist nicht so prickelnd, wenn Türklinken und die Kaffeemaschine zur Ansteckungsgefahr werden. Andere werden dir also dankbar sein, wenn du zuhause bleibst und dich ausruhst.

 

Verschleppungsgefahr

Kennst du das: du bist tagelang mit leichten Beschwerden zur Arbeit gegangen und auf einmal geht nichts mehr? Unser Immunsystem wird noch mehr als ohnehin schon geschwächt, wenn wir krank zur Arbeit gehen, und wir riskieren damit, dass die Beschwerden nur noch schlimmer werden. Anstatt eines leichten Schnupfens haben wir auf einmal eine Nasennebenhöhlenentzündung – und auch Entzündungen der Luge und des Herzmuskels können folgen. Anstatt mit einer leichter Erkältung 1-2 Tage zuhause zu bleiben, fallen wir dann auf einmal 2-3 Wochen aus. Die Worte „es ist doch nur ein bisschen Husten“ zählen also nicht mehr.


Du hast einfach nicht genug Energie

Oft treibt uns das schlechte Gewissen krank auf die Arbeit: unerledigte Aufgaben und Patienten, denen wir nicht absagen wollen. Aber wenn dein Kopf schwer ist, wie willst du dann den Antrag zu Ende schreiben oder dem Klienten aufmerksam zuhören? Wahrscheinlich wirst du für den Antrag doppelt so lange brauchen und dich dabei nicht sonderlich gut fühlen. Oder die Therapiestunde wird alle paar Minuten unterbrochen, weil du hustest und dich schnäuzen musst. Die Frage ist also: wie effektiv können wir überhaupt arbeiten, wenn wir krank sind? Nicht allzu sehr. Die zu erledigenden Aufgaben werden dir mit Sicherheit leichter und schneller von der Hand gehen, wenn du dich ausgeruht hast.


Practice what you preach

Stell dir vor, dein Patient säße mit einer dicken Erkältung vor dir und erzählte, dass er sich seit mehreren Tagen zur Arbeit schleppe, weil dort so viele Aufgaben auf ihn warten. Was würdest du ihm raten? Etwa, dass es wichtig ist, auf sich selbst zu achten? Würdest du ihn darin bestärken, sich etwas Gutes zu tun und sich ein paar Tage Auszeit zu nehmen? Und was würde derselbe Patient wohl denken, wenn du selbst einige Wochen später mit einer Erkältung vor ihm sitzt? Genau, dass das mit der Gesundheit und der Selbstfürsorge wohl doch nicht so wichtig ist. Indem wir selbstfürsorglich mit uns sind und auf unsere Gesundheit achten, werden wir auch gute Lernmodelle für andere.

Tee, Erkältungsbad und Co

Bleib also ruhig ein paar Tage zuhause und kurier dich aus. Trink Tee, schau eine Lieblingsserie, nimm ein Erkältungsbad. Lass dich im Zweifelfall krankschreiben, wenn es das Zuhause-bleiben für dich leichter macht (zum Arzt zu gehen ist ohnehin eine gute Idee). Nicht nur deine Patienten, Klienten und Kollegen werden es dir danken – sondern auch dein Körper und dein Wohlbefinden.


Extra Portion Selbstfürsorge

Natürlich musst du am Ende selbst die Entscheidung treffen, ob du zuhause bleibst oder nicht. Das ist ohnehin sehr individuell: manche leiden schon mit leichten Kopfschmerzen, andere haben selbst mit einem grippalen Infekt noch das Gefühl, voll funktionstüchtig zu sein.

Sollte eine Erkältung im Anflug sein und du hast dich trotz aller guten Gründe dazu entschieden, zur Arbeit gehen, nimm dir dennoch extra bewusst Zeit für dich:

  • Mach dir in der Praxis einen wohltuenden Kräutertee
  • Trinke insgesamt genug
  • Lüfte zwischendurch ordentlich durch
  • Plane zwischen den Patienten / Klienten ein paar Minuten mehr Zeit zum Durchatmen ein
  • Snacke ein paar vitamingeladene Mandarinen
  • Gehe in der Mittagspause an die frische Luft
  • Plane dir zumindest für den Feierabend keine weiteren Termine, nimm ein Erkältungsbad und schlaf dich aus.
  • Und achte auch auf andere: verzichte dieses Mal darauf, deinen Patienten oder Klienten die Hand zu geben und benutze Desinfektionsmittel


In dem Sinne, komm gut durch die Herbstzeit, achte auf dich und – falls notwendig – gute Besserung!