Fortbildung
Hier triffst du das psylife-Team

Lindauer Psychotherapiewochen 2019

Woche 1 | 07. bis 12. April 2019: Wahrheit, Gleich-Gültigkeit, Lüge
Woche 2 | 14. bis 19. April 2019: Schöne digitale Welt?

Lebendige Fort- und Weiterbildung

Fachtagung zur Fortbildung und Weiterbildung in Psychotherapie, Psychiatrie und Psychosomatik.

Die Lindauer Psychotherapiewochen (LP) sind als Fachtagung in erster Linie für die psychotherapeutische Fortbildung und Weiterbildung von Ärztinnen und Ärzten, Diplom-Psychologinnen und Psychologen sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten aller Psychotherapierichtungen gedacht.

Traditionell sind die Therapiewochen tiefenpsychologisch orientiert, darüber hinaus bieten sie aber auch ein breites Spektrum in unterschiedlichen Methoden und Verfahren der Psychotherapie an.

„Die Idee der Tagung ist, die Teilnehmer in den Vorlesungen und Vorträge intellektuell zu fordern, ihnen Gelegenheit zu geben, sich auszutauschen und einander zu begegnen und dabei den Wohlfühlfaktor Lindaus zu genießen.“, so Verena Kast über die Lindauer Psychotherapiewochen.

Zu den Hauptthemen des Fortbildungsprogramms bieten ausgewiesene Referentinnen und Referenten Vorlesungen, Vorträge und Seminare an. Zusätzlich zu den Leitthemen werden Workshops angeboten, die thematisch zu einer Fortbildung in spezifischen psychotherapeutischen Methoden und Behandlungstechniken gehören oder Kenntnisse über grundsätzliches psychotherapeutisches Wissen auf den neuesten Stand bringen. Die Psychotherapiewochen verstehen sich schulenübergreifend, einem psychodynamischen Ansatz verpflichtet, im Austausch mit anderen psychotherapeutischen Grundorientierungen. Sie wollen auch den Raum bieten, unkonventionelle Therapieansätze kennen zu lernen oder unterschiedliche psychotherapeutische Therapietraditionen, wie z.B. Verhaltenstherapie vs. psychodynamischen Theorien, zueinander in Beziehung zu setzen.

Programm für 2019

Woche 1 | 07. bis 12. April 2019: Wahrheit, Gleich-Gültigkeit, Lüge

Schon seit Jahrtausenden wird nach der Wahrheit gestrebt – und es wird gelogen.

Der Diskurs über Wahrheit und Lüge ist alt und ohne abschließendes Ergebnis: denn was Wahrheit ist, ist geheimnisvoll und verborgen und kann wahrscheinlich nur im Austausch der Pluralität von Meinungen von Menschen, denen ein Thema wichtig ist, jeweils aktuell bestimmt, entborgen, werden, falls es nicht einfach darum geht, dass „im Besitz der Wahrheit“ zu sein, als Machtmittel gebraucht wird.

Der Diskurs über Wahrheit und Lüge - denn lügen könnte man nicht, wenn es nicht so etwas wie Wahrheit gäbe - ist aber leider sehr aktuell. Die Frage heute: Ist es „gleich gültig“, ob wir Wahres oder Falsches als Fakt ausgeben? Und: Worauf kann man vertrauen, wenn Lüge schamlos als Wirklichkeit benannt wird, wenn man andere dazu bringt, Falsches als wahr zu bezeichnen, auch wenn man es besser weiß? Vertrauen ist aber der Kitt der sozialen Gemeinschaft. Nur: so ganz ohne Lüge, ohne Verschweigen, ohne taktvoll von etwas absehen, geht es wohl auch wieder nicht. Und was lernen eigentlich unsere Kinder? Dass Lügen, Verschweigen, Sich taktvoll Benehmen meistens dazu hilft, Konflikte zu vermeiden. Aufrichtig zu sein, ist ein Wert und eine Fähigkeit. Aber: muss man nicht auch schwindeln können?

Wie Sie dem Programm entnehmen können, wollen wir verschiedene Bereiche psychotherapeutischen Handelns darauf hin befragen, welche Bedeutung die Fragen nach Wahrheit, Gleich-Gültigkeit und Lüge für unser Fachgebiet haben. Die Grundregel der Aufrichtigkeit gilt wohl noch immer für alle Therapieformen. Die Fragestellung nach der Wahrheit im weiten Sinne gibt uns die Möglichkeit, auch Alltägliches aus unserem Fach noch einmal neu unter dieser Perspektive zu bedenken. Es geht uns keinesfalls um Moralisieren, sondern um Klärung, um den geschärften Blick auf ein kompliziertes Thema, ein Thema der Beziehung und des Vertrauens zueinander.

Woche 2 | 14. bis 19. April 2019: Schöne digitale Welt?

Als wie schön erleben wir die zunehmende Digitalisierung unserer Welt? Wir genießen die erleichterte Kommunikation via SMS und E-Mail, aber wenn das Smartphone streikt, reicht die Spannweite der Reaktionen von Depression über Wut bis zur Erleichterung. SMS-Absage einer Therapiestunde vom Patienten, gegebenenfalls eine supportive E-Mail aus dem Urlaub vom Therapeuten, wird zum Alltag, aber Trennung aus einer (therapeutischen) Beziehung via SMS?

Die Digitalisierung hat eine Bedeutung erlangt, die wir reflektieren müssen, in ihrer Auswirkung auf die Medizin (z.B. Robotik), auf die Pädagogik (z.B. serious games), auf die Entwicklung unserer Kinder (gibt es eine digitale Demenz?), auf die Beziehungen (z.B. soziale Medien), auch auf die therapeutische. Denn: kann die so wirksame therapeutische Beziehung auch online wirken? Und wo bleiben die nonverbalen Wirkfaktoren? Wie gehen wir um, mit den durch das Internet aufgeklärten Patienten, die sich schon eine fertige Meinung über Psychotherapie gebildet haben? Muss in Zeiten, in denen Informationen über den Therapeuten im Internet gezielt recherchiert werden können („therapist-targeted googling“) der Abstinenzbegriff erweitert werden? In der jüngeren Generation ist die Objektbeziehung zum Smartphone nicht mehr aus der Behandlung heraus zu halten, wird zum dritten Objekt in der Beziehung („e-third“). Es gibt viele Kontroversen und Spekulationen zur „Onlinepsychoanalyse“. Andererseits gibt es vielversprechende Wirksamkeitsnachweise Internetbasierter Interventionen. Nicht nur Menschen, die aufgrund ihrer geographischen Gegebenheiten keinen Zugang zur Psychotherapie haben, profitieren vom ortsunabhängigen Angebot der Onlinekommunikation, sondern auch sozial Gehemmte, die nicht in eine persönliche Therapie kommen.

Wir alle werden mit der „digitalen Herausforderung“ konfrontiert, die unsere Welt verändert und bei vielen Ängste schürt, andere aber euphorisiert. Wir wollen uns den kontroversen Standpunkten in den verschiedenen Vortragsreihen stellen und sie lebendig diskutieren.

Das aktuelle Programm erscheint Mitte Januar 2019, ab dann ist eine schriftliche oder online-Anmeldung möglich.