Chance Arbeitslosigkeit: Wie du dich von hier aus selbständig machst

Eine Frau hält sich einen Laptop vor die Brust und steht vor einer weißen Wand mit Fenster

Die Idee für dein eigenes Coaching-Business hast du schon lange... aber was, wenn du deinen festen Job aufgibst und dann scheiterst? Lieber nichts riskieren. Doch dann gibt der Job dich auf, du wirst arbeitslos. Jetzt lass deinen Gedanken an Selbständigkeit wieder aufleuchten. Denn für Arbeitslose, die sich selbständig machen, gibt es Unterstützung und finanzielle Förderung – wenn das Konzept überzeugt. 

Es klingt erst einmal seltsam, aber tatsächlich kann der Verlust des Arbeitsplatzes genau der fehlende Schubs sein, um endlich den schon lange gehegten Traum von der Selbständigkeit umzusetzen. Denn wann, wenn nicht während der Arbeitslosigkeit, haben berufstätige Menschen Zeit, sich wirklich mit einer Gründung auseinanderzusetzen? Wann sonst können sie sogar Hilfe und Geld vom Amt bekommen? Bevor du jetzt aber den Sekt für die Feier zur Firmengründung besorgst, musst du einen langen Weg gehen und dir sehr viele Fragen stellen.  

Aktivierungsgutschein für ein Coaching nutzen  

Der erste Schritt führt dich zur Bundesagentur für Arbeit. Dort sagst du am besten im ersten Gespräch, dass dein Ziel kein neuer Arbeitsplatz ist, sondern dein eigenes Unternehmen. Beschreib, was du machen willst, warum du dafür qualifiziert bist und welche Chancen du für deine Geschäftsidee siehst. Wenn der oder die für dich zuständige Arbeitsvermittelnde deine Idee für angemessen hält, kann direkt ein sogenannter Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein vergeben werden. 

Mit diesem Gutschein kannst du eine Beratung bei einem zertifizierten Bildungsträger für Gründercoachings buchen. Im Rahmen eines solchen Coachings wird dann auch ein Business-Plan erstellt, der Voraussetzung für die Beantragung eines Gründungszuschusses ist – und damit für deinen zweiten Schritt. Aber was ist das überhaupt, ein Gründungszuschuss?  

Gründerzuschuss: Finanzielle Förderung vom Amt 

Der Zuschuss ist so hoch wie das Arbeitslosengeld zuzüglich 300 Euro im Monat und dient dazu, deinen Lebensunterhalt während der ersten Phase der Geschäftsgründung zu sichern. Du kannst ihn beantragen, sobald du einen Tag oder länger arbeitslos gemeldet bist und noch mindestens 150 Tage Anspruch auf Arbeitslosengeld hast. Außerdem musst du deine Existenzgründung als hauptberufliche Tätigkeit planen. Das sind die Grundvoraussetzungen. Damit allein ist es aber nicht getan. Und wichtig zu wissen: Einen Rechtsanspruch gibt es nicht. 

Man sieht die Hände zweier Personen, die sich ein Schreiben überreichen.

Deshalb sollte der Businessplan, den du einreichen musst, damit über deinen Gründungszuschuss positiv entschieden werden kann, gut durchdacht und überzeugend sein. Es reicht nicht, dich und deine Idee zu beschreiben und deine Qualifikation zu belegen.  

Der Plan muss über Geschäftsmodell und Rechtsform Auskunft geben, über dein Marketing- und Vertriebskonzept und anderes mehr. Zusätzlich zum Plan brauchst du von einer fachkundigen Stelle eine positive Prognose zur wirtschaftlichen Tragfähigkeit. Die fachkundige Stelle kann der Anbietende sein, bei dem du auch das Gründercoaching absolviert hast, wenn dieser Anbietende eine Expertise im Bereich Unternehmensgründung vorweisen kann.  

Klappt es, bekommst du bis zu 15 Monate finanzielle Unterstützung. Gezahlt wird in zwei Phasen. Im ersten halben Jahr bekommst du monatlich einen Zuschuss in der Höhe deines letzten Arbeitslosengelds und die zusätzlichen 300 Euro, die als Pauschale für die Sozialversicherung gezahlt werden. In der zweiten Phase, also noch bis zu neun Monate lang, gibt es nur noch die Pauschale.  

Auch Bezieher:innen von Bürgergeld können theoretisch bei einer Geschäftsgründung gefördert werden. In diesem Fall sind die Fallmanager:innen bei den Jobcentern zuständig. Auch hier wird zunächst ein Aktivierungsgutschein für ein Gründungs-Coaching beantragt. Liegt der Businessplan vor, kann das sogenannte Einstiegsgeld beantragt werden.   

Von Steuer- und Versicherungsfragen 

Zu den wichtigsten Punkten, mit denen du dich vor deiner Gründung auseinandersetzen musst, zählen steuerliche und versicherungsrechtliche Fragen. Je nach Geschäftsmodell muss zum Beispiel Umsatzsteuer bezahlt werden oder eben nicht. Auch das Thema Rentenversicherungspflicht hängt stark vom Geschäftsmodell ab. Ein frühzeitiges Beratungsgespräch bei einem Steuerberater oder ein Gründungscoaching kann böse Überraschungen verhindern. Mach dich vor einer Gründung unbedingt schlau. Etwaige Nachzahlungen, wenn du dir einer Zahlungspflicht nicht bewusst warst, können schmerzhaft sein. 

Es gibt weitere Rechtsfallen, in die Coach:innen nicht tappen sollten, beispielsweise wenn sie in Bereichen arbeiten, die sich mit medizinischen oder therapeutischen Bereichen überschneiden können. So darf beispielsweise nur, wer eine Zulassung als Psychotherapeut:in hat, psychische Krankheiten diagnostizieren und behandeln (Psychotherapeutengesetz). Immer dann, wenn sich der Coachingberuf mit rechtlich geschützten Berufsständen überlappt, ist Vorsicht geboten. Ein weiteres gefährliches Terrain ist der Umgang mit den persönlichen Daten von Coachees, Stichwort Datenschutzgrundverordnung.  

Wissen schützt vor dem Scheitern 

Die Angst vor dem Scheitern ist vor der Gründung bei vielen ein Thema. In Gesprächen mit Arbeitslosen, die den Schritt vielleicht wagen wollen, höre ich oft: „Ich hab keine Ahnung von Buchhaltung“. Auch die Steuern sind ein Sorgenthema. Am tiefsten werden die Stirnfalten aber, wenn es darum geht, genug Kund:innen zu finden. Ich sage dann gern: Wissen hilft.  

Wissen, das man selbst nicht hat, kann man einkaufen. Für Buchhaltung und Steuern gibt es beispielsweise Programme. Für den Bereich Kundenakquise brauchst du Kenntnisse anderer Art: Du muss möglichst genau benennen können, wer deine Kund:innen sein sollen, welche Lösungen du ihnen anbieten kannst und wo du diese Kund:innen findest. Nach einer Marktanalyse sind eine klare Positionierung und eine schlüssige Marketingstrategie gefragt.  

Man sieht von oben auf einen Tisch, an dem drei Leute an einem Konzept arbeiten

„Wer nicht wirbt, der stirbt.“ Dieser Satz wird dem Autokonstrukteur Henry Ford zugeschrieben. Und er stimmt noch heute. Wo und wie du wirbst und dich bekannt machst, hängt von deiner Zielgruppe und auch der Form deines Angebots ab. Willst du zum Beispiel nur Präsenzcoaching anbieten, kann Werbung und PR in der Lokalzeitung wichtiger sein als dein Social-Media-Auftritt.  

Entscheidend ist, von Anfang an eine Strategie zu haben. Deine Positionierung darf sich natürlich entwickeln und wachsen. Aufbauend auf dem Fundament deines Wissens wirst du an Selbstvertrauen gewinnen, dein Business wird wachsen und sich verändern. Dein Wissen um deine Zielgruppe und das, was sie kauft, wächst mit.  

Kein Erfolg ohne Kompetenz 

Es kommt sehr selten vor, dass ich als Gründungscoachin jemandem von vornherein davon abrate, ein eigenes Business zu gründen. Aber wenn ich höre: „Was genau ich mache, ist mir nicht so wichtig, Hauptsache ich muss nicht als Angestellte zurück in die Jobmühle“, dann schrillen meine Alarmglocken. Denn: Kein Erfolg ohne hohe Kompetenz und ohne Leidenschaft. 

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Begriff „Coach:in“ in Deutschland nicht geschützt ist, also jede:r ein Coaching-Angebot machen kann. Schlechte Coach:innen machen auf Dauer keine guten Geschäfte, davon bin ich fest überzeugt. Wer nicht kompetent ist, wird scheitern und sucht sich besser einen neuen Job.  

Noch einmal: Um dich aus der Arbeitslosigkeit heraus selbstständig machen und dabei gefördert zu werden, musst du viel wissen und einen sehr guten Plan haben. Wissen gibt Sicherheit. Ein Gründer, mit dem ich kürzlich seinen Businessplan erarbeitet habe, sagte: „An sehr viele Dinge, die wir durchgesprochen habe, hätte ich nicht einmal gedacht.“ Genau deshalb ist es so wichtig, den Aktivierungsgutschein zu beantragen und sich vor der Gründung selbst gut coachen zu lassen.