Psychologische Onlineberatung – Wie ich eine digitale Nomadin wurde

Durch die Welt reisen, in verschiedenen Ländern der Welt wohnen und trotzdem als Psychologin arbeiten? Dass das nicht nur verlockend klingt, sondern auch geht, zeigt die inspirierende und mutmachende Geschichte unserer Autorin Sonia Jaeger.

 

Ich kann mich noch genau an die Situation erinnern, als ich zum ersten Mal auf den Gedanken mit der Weltreise kam. Es war vor gut fünf Jahren. Ich war mit zwei Freunden in Leipzig am See spazieren. Einer der Freunde, den ich schon länger nicht gesehen hatte, fragte mich wie es beruflich bei mir weiter gehen würde. In einem Jahr würde mein Vertrag in einem Forschungsprojekt enden. Zu dem Zeitpunkt gab es für mich daher hauptsächlich zwei berufliche Alternativen: weiter in der Forschung bleiben oder wieder intensiver als Psychotherapeutin arbeiten mit dem Ziel, meine eigene Praxis aufzumachen. Dies erzählte ich dann auch - und fügte spontan hinzu: „Oder vielleicht gehe ich auf Weltreise“.

Wenn nicht jetzt, wann dann?

Ich weiß nicht genau, woher dieser Gedanke kam, aber von da an war da diese leise Stimme in meinem Hinterkopf, die immer mal wieder das Wort „Weltreise“ in den Raum warf. Ich fing an, mich nach und nach intensiver mit dem Gedanken zu beschäftigen. Ungefähr sechs Monate bevor mein Vertrag endete, traf ich dann die Entscheidung im Anschluss tatsächlich eine Auszeit zu nehmen. Ich hatte Geld gespart und fühlte mich frei und unabhängig genug. Wenn nicht jetzt, wann dann? Ich traf also die Entscheidung. Und ich nahm mir vor, im Anschluss zurück nach Deutschland zu gehen und eine Praxis aufzumachen. Aber wie das so oft mit Plänen ist, kam es dann doch ein wenig anders.

Von der Dissertation in den Flieger

Vor vier Jahren lag ich also in den Endzügen meiner Doktorarbeit und meines Arbeitsverhältnisses. Ich hatte mich für die Auszeit entschieden und dafür, meine Doktorarbeit vorher abzuschließen. Da es kurzfristig doch noch eine weitere Verlängerung für unser Forschungsprojekt gab, war ich damit beschäftigt, meine Kollegen mit meinen Aufgaben vertraut zu machen und alles, was ich konnte, noch zu einem guten Abschluss zu bringen. Und wie so oft, wenn alles auf einmal kommt, wurde ich auch noch krank. Aber ich habe mich durchgebissen, mit dem klaren Ziel vor Augen: Der Flug war gebucht. Ende September lief der Arbeitsvertrag aus und sechs Tage später ging mein Flieger nach Chicago, der ersten Station meiner Weltreise. Und so habe ich dann auch tatsächlich auf den letzten Drücker meine Dissertation eingereicht und meine Sachen gepackt. Ich habe mindestens eine Woche gebraucht, um überhaupt aus einem hyperaktiven und gestressten Modus wieder raus zu kommen. Ich lief tagelang durch Chicago, genoss den sonnigen Herbst und tat kaum wenig mehr als herumzulaufen, zu lesen und Kaffee zu trinken. In den darauf folgenden Monaten bin ich - mal alleine, mal mit Freunden - durch die USA, Canada, Mexico und Südostasien gereist.

Reise ohne Rückflug

Vor drei Jahren flog ich wie geplant zurück nach Deutschland um meine
Doktorarbeit zu verteidigen. Die Präsentation dafür hatte ich zum Großteil im Strandcafé in Thailand vorbereitet. Aber anders als geplant, kehrte ich nach der Dissertation nicht nach Deutschland zurück, um mich dort nieder zu lassen. Ich blieb gerade mal drei Wochen - gerade lang genug, um Freunde und Familie zu sehen und den Doktortitel zu erhalten. Schon saß ich wieder im Flugzeug zurück nach Asien. Und dieses Mal hatte ich keinen gebuchten Rückflug und keinen klaren Plan, wann ich zurückkommen würde. Die meisten haben das vermutlich als Spinnerei abgetan - oder als verlängerte Weltreise. „Ich würde schon zur Vernunft kommen“ (spätestens, wenn die Ersparnisse aufgebraucht seien). Die wenigsten haben daran geglaubt, dass ich es ernst meine oder dass ich es schaffen könnte, mir auf diesem Weg ein Leben auch als Psychologin aufzubauen.

Die Idee dazu kam mir unterwegs, an einem winzigen Strand auf Ko Lipe in Thailand, als mir eine Spanierin so ganz nebenbei erzählte, dass sie mit ihrer Psychologin skype. Ganz ehrlich, bis dahin hatte ich keine Ahnung, dass so was möglich ist. Aber ich fing an, mich mit dem Thema zu beschäftigen und stellte fest, dass es in anderen Ländern schon gang und gäbe war, online Psychotherapie durchzuführen. In Deutschland war (und ist) die Lage zwar noch etwas anders, aber ich beschloss, es trotzdem zu versuchen, als psychologische Beraterin. Ich hatte ja nicht wirklich viel zu verlieren. Zur Not wäre ich halt ein Jahr später nach Deutschland zurückgekehrt und hätte dort meine Praxis aufgemacht.

Nur eine funktionierende Internetverbindung

Ich habe selber oft genug gezweifelt, aber ich war bereit es zu probieren. Und genau das habe ich dann auch getan. Ich arbeite heute als Online-Psychologin. Ortsungebunden, per Email oder Video. 2015 habe ich damit begonnen, meine Webseite erstellt und mein Angebot entwickelt. Ich habe mir Zeit gelassen, gleichzeitig die Welt bereist und viele Kollegen online kennengelernt, die mir auf dem Weg geholfen haben. Inzwischen spreche ich jede Woche mit 10-15 Klienten per Video und berate einige weitere per Email. Die meisten meiner Klienten sind Expats, die vor Ort keinen deutschsprachigen Therapeuten finden, aber auch Menschen, die z.B. aufgrund einer Angststörung das Haus nicht verlassen können.

Ich habe gelernt, wie gut es möglich ist, psychologische Beratungen online durchzuführen und dass ich damit zum Teil ganz andere Menschen erreichen kann als in einer Praxis. Dabei brauche ich wirklich nicht viel mehr als eine funktionierende Internetverbindung.

In jeden Winkel der Welt reisen können

Gerade sitze ich in einem kleinen süßen Café mit Blick über die Dächer von Cusco, Peru. Ich bin gerade für ca. sechs Monate in Lateinamerika unterwegs und bleibe mindestens zwei Wochen, oft einen Monat an einem Ort. Das lässt mir genug Zeit etwas Alltag zu erleben und Routinen aufzubauen, meiner Arbeit nachzugehen und zwischendurch natürlich auch als Tourist ein paar Sehenswürdigkeiten zu besichtigen. Ende des Jahres werde ich nach einem kurzen Abstecher in New York dann nach Australien gehen, wo ich im heißen Sommer Weihnachten verbringen werde. Nächstes Jahr stehen dann Malaysia und Thailand auf dem Reiseplan, bevor es dann im Frühling für ein paar Monate zurück nach Europa geht. 

Wenn du erfahren möchtest, was du beachten solltest, um als Berater online erfolgreich zu sein, dann freu dich doch schon mal auf meinen nächsten Artikel bei psylife.