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Akzeptanz- und Commitment-Therapie: Trotz Belastungen sinnerfüllt leben

Eine Frau hält einen Kompass vor sich, im Hintergrund ist eine Berglandschaft

Die meisten Menschen streben nach einem sinnerfüllten Leben. Doch was, wenn Belastungen auftreten, die uns dabei blockieren und ausbremsen? Wie Patient:innen trotzdem wieder handlungsfähig werden und die Dinge tun können, die ihnen am Herzen liegen, damit beschäftigt sich die Akzeptanz- und Commitment-Therapie. Wir zeigen dir einige zentrale Elemente und Übungen aus dem Ratgeber „Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) - Wege zu einem sinnerfüllten und lebendigen Leben“.

Frau K. leidet häufig unter Kopfschmerzen. Sie war deswegen schon wiederholt beim Arzt, ohne dass eine Besserung eingetreten ist. Ständig fragt sich Frau K., woher die Kopfschmerzen kommen, und überprüft regelmäßig, ob sie mehr oder weniger werden. Sie hat mit dem Tennisspielen aufgehört, weil sie hofft, dass eine Besserung eintritt, wenn sie sich schont. Auch mit ihren Freundinnen trifft sich Frau K. immer seltener. Stattdessen liegt sie abends auf der Couch und fühlt sich zunehmend leer und festgefahren. 

Menschen streben nach einem sinnerfüllten Leben. Doch das ist nicht immer so leicht, wenn im Leben Belastungen auftreten, die uns dabei ausbremsen. Das können Hindernisse im Außen sein, wie eine Erkrankung, eine Trennung oder eine Kündigung im Job. Hindernisse können aber auch im Inneren liegen: Hinderliche Gedanken (z. B. „Was ist, wenn ich etwas falsch mache?“), ein Gefühl (z. B. Angst) oder Erinnerungen an frühere Verletzungen können uns davon abhalten, Dinge zu tun, die uns eigentlich wichtig sind.  

Wie können Patient:innen trotz dieser Hindernisse wieder handlungsfähig werden und die Dinge tun, die ihnen am Herzen liegen? Genau damit beschäftigt sich die Akzeptanz- und Commitment-Therapie, kurz: ACT. 

Was ist ACT? 

ACT gehört zur dritten Welle der Verhaltenstherapie und wurde in den 1990er Jahre von dem US-amerikanischen Psychologen Steven C. Hayes entwickelt. Seitdem wurde die Therapieform von vielen Psychotherapeut:innen angewendet und weiterentwickelt.  

In ihrem neuen Ratgeber „Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) - Wege zu einem sinnerfüllten und lebendigen Leben“ veranschaulichen die Psychiater Jan Philipp Klein und Ronald Burian das Vorgehen der ACT Schritt für Schritt mit zahlreichen Übungen (die auch als Audioübungen zur Verfügung stehen).   

Einige konkrete Impulse und Übungen aus dem Ratgeber haben wir für dich zusammengefasst:  

1. Eine Bestandsaufnahme machen 

Im Umgang mit Schwierigkeiten und Hindernissen sucht unser Verstand zunächst Lösungsansätze. Diese sind mal mehr, mal weniger zielführend, denn: die Vorschläge unseres Verstandes richten sich häufig danach aus, unser inneres Leiden zu minimieren und „in Schach“ zu halten. Als Metapher wird in der ACT häufig das Bild eines inneren Monsters verwendet, gegen das wir ankämpfen. Dabei verstricken wir uns immer mehr im Kampf gegen das Monster und verlieren andere Dinge, die uns eigentlich wichtig sind, aus dem Blick. 

Übung: Ist es hilfreich oder nicht? (S. 36) 

Halten Sie für einen Augenblick inne und fragen Sie sich Folgendes: Was mache ich gerade? Was erlebe ich gerade? Worauf ist mein Verhalten gerade ausgerichtet? Sind mein ganzes Denken und Handeln gerade darauf ausgerichtet, von meinem inneren Erleben wegzukommen oder es zu kontrollieren? Oder richte ich mein Denken und Handeln darauf, in diesem Augenblick einen Schritt in Richtung eines sinnerfüllten und lebendigen Lebens zu machen? 

Eine Ampel mit gelbem Handsymbol, das STOP bedeutet.

2. Im Hier und Jetzt bleiben 

Achtsamkeit kann dabei helfen, zurück ins Hier und Jetzt zu kommen, wenn wir merken, dass wir uns im Kampf mit dem inneren Monster verstrickt haben. Achtsamkeit bedeutet, den gegenwärtigen Moment ohne Wertung wahrzunehmen. Dazu gehört es auch, unangenehme Gefühle wahrzunehmen und zu akzeptieren.  

Akzeptanz bedeutet:  

  • Inneres Erleben zuzulassen, unabhängig davon, ob es angenehm oder schmerzvoll ist.  
  • Dem inneren Erleben Raum zu geben, ohne zu versuchen, es zu verstärken oder zu vermindern. 
  • Zu bemerken, dass das innere Erleben sich verändert und von ganz alleine kommt und geht – ohne dass wir dafür etwas tun müssen.  

Übungen, die Achtsamkeit und Selbstmitgefühl stärken, können Patient:innen dabei helfen, sich aus ihren Verstrickungen zu lösen und sich neu auszurichten.  

3. Die Verstrickung mit Gedanken auflösen 

Manchmal verstricken wir uns auch in unseren Gedanken: „Was ist, wenn ich es falsch mache?“ oder „Das schaffe ich nie“. Wir nehmen unsere Gedanken zu wörtlich - dabei sind Gedanken nur Wörter, die unser Verstand produziert. Manchmal sind sie wahr und manchmal eben auch nicht. Viel wichtiger ist die Frage: Wie hilfreich ist dieser Gedanke? Hilft er mir dabei, mein Ziel zu erreichen? In der ACT wird die Gedankendefusion geübt, also die Fähigkeit, Abstand zu den eigenen Gedanken zu entwickeln und sich von ihnen zu lösen.  

Übung: Milch, Milch, Milch (S. 69) 

Sagen Sie einmal das Wort Milch und achten Sie darauf, was Sie in Ihrem Mund spüren, wenn Sie dieses Wort sagen. Spüren Sie vielleicht sogar dieses milchige, etwas schleimige Gefühl auf der Zunge? Oder können Sie sogar ein Glas Milch vor sich sehen?  

Wiederholen Sie nun das Wort 30 Sekunden lang immer wieder, so schnell Sie können. Sprechen Sie es dabei laut aus: Milch, Milch, Milch, Milch, Milch, Milch, Milch, Milch, Milch, etc.  

Beobachten Sie, was passiert, wenn Sie sich dieses Wort immer wieder sagen. Hat das Wort noch dieselbe Wirkung oder bemerken Sie einfach, dass dieses Wort eine Aneinanderreihung von Buchstaben, eine Lautmalerei, eine Melodie oder ein Geräusch ist? 

Was in der Übung für das Wort „Milch“ gilt, kann auch für andere Worte gelten, z. B. für Worte, mit denen wir uns herunterziehen.

Ein Bündel rosa und orangener Luftballons, auf die lächelnde Smileys gemalt sind

4. Sich danach ausrichten, was wichtig ist 

Wenn wir aufhören, uns im Kampf mit unserem inneren Monster zu verstricken, wonach richten wir uns dann aus? Was ist uns wichtig? Kreativität? Soziale Beziehungen? Dankbarkeit? In der ACT nehmen Werte eine zentrale Rolle ein, denn sie dienen als eine Art Kompass, der uns Orientierung gibt.   

Um den Weg in Richtung eines sinnerfüllten Lebens einzuschlagen, braucht es dabei die Bereitschaft, auf diesem Weg auch dem inneren Monster zu begegnen und es vielleicht sogar ein Stück des Weges „mitzunehmen“. Denn zu einem sinnerfüllten und lebendigen Leben gehören nicht nur angenehme, sondern vielfältige Gefühle, auch Traurigkeit und Schmerz.  

Frau K. hat erkannt, dass sie durch ihre Schonhaltung in eine Zwickmühle geraten ist. Nach und nach übt sie, ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Dinge zu richten, die ihr guttun, wie zum Beispiel lange Spaziergänge mit ihren Freundinnen zu machen. Manchmal gehen die Kopfschmerzen mit ihnen spazieren. Frau K. hat gelernt, dies zuzulassen, denn sie hat auch gemerkt, dass die Kopfschmerzen manchmal mehr und manchmal weniger werden – unabhängig davon, was sie tut. Frau K. schaut daher Tag für Tag, wie sie ihren Alltag trotz der Schmerzen wieder lebendiger gestalten kann.  

Du bist neugierig geworden und suchst nach weiteren ACT-Übungen für deine Patient:innen? Der Ratgeber von Klein und Burian richtet sich an Betroffene. Sie können den Ratgeber als Selbsthilfe durcharbeiten, z. B. während sie auf einen Therapieplatz bei dir warten - oder als Ergänzung zur laufenden Psychotherapie, um noch besser zu verstehen, was in der ACT passiert.  

Mehr Informationen findest du unter: https://www.hogrefe.com/de/shop/ratgeber-akzeptanz-und-commitment-therapie-act-98089.html 

Zum Weiterlesen:  

Klein, J. P. & Burian, R. (2024). Ratgeber Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) - Wege zu einem sinnerfüllten und lebendigen Leben. Göttingen: Hogrefe.