Filmtipp: Könige der Welt
Der Dokumentarfilm „Könige der Welt“ zeigt schonungslos, wie die Drogensucht eines Musikers zum Zerfall seiner Band führt – und wie er, motiviert durch den Traum Musik zu machen und mithilfe der Freundschaft seiner Bandkollegen, den Kampf gegen die Sucht aufnimmt. Ein authentischer Film über das Musikbusiness, Sucht und Entzug.
Im Jahr 2000 wird die Grunge-Band „Union Youth“ aus dem kleinen niedersächsischen Ort Bad Bentheim praktisch über Nacht berühmt. Nachdem die vier Jungs Demotapes an diverse Musik-Labels verschickt haben, erhalten sie tatsächlich eine Einladung in die USA. Es folgt ein rasanter Aufstieg. Eben noch haben sie in ihrem Dorf in einer Garage geprobt und plötzlich spielen sie in L.A. vor Superstars, fahren in Limousinen umher und erhalten ein Angebot für einen Plattenvertrag bei einem amerikanischen Label. Doch leider folgt schon bald das böse Erwachen. Bereits von Anfang an gehören Alkohol und andere Drogen fest zum Alltag der vier Musiker dazu. Insbesondere die Drogenexzesse von Leadsänger Maze werden immer extremer. Es kommt zur Entfremdung der vier Freunde und die Band zerbricht.
15 Jahre später beschließt die Band, mit teilweise neuer Besetzung, ein Comeback unter dem neuen Namen „Pictures“ zu wagen. Doch Mazes Suchtproblem ist in der Zwischenzeit nicht besser geworden. Er konsumiert Opiate, Alkohol und andere Substanzen, verpasst Bandproben und ist teilweise nicht ansprechbar. Bevor auch das Projekt „Pictures“ scheitert, begibt sich Maze schließlich in eine Entzugsklinik und beginnt den Kampf für den Traum vom Musikerleben und gegen seine Abhängigkeitserkrankung.
Extrem intime und authentische Einblicke in das Leben der Musiker.
Authentische Einblicke in Therapiegespräche und Entzug
Einer der beiden Regisseure des Dokumentarfilms ist seit Kindheitstagen mit dem Schlagzeuger von „Union Youth“ bzw. „Pictures“ befreundet. Durch die Vertrautheit zwischen Filmemacher und Band ist es gelungen, extrem intime und authentische Einblicke in das Leben der Musiker zu erhalten. Die Kamera ist nicht nur bei Bandproben und Auftritten von „Pictures“ dabei, sondern dokumentiert auch Mazes Aufenthalt in der Entzugsklinik, therapeutische Gespräche und die Hilflosigkeit und Sorge seiner Bandkollegen. In Rückblenden wird die Geschichte von „Union Youth“ anhand von alten Videoaufnahmen dargestellt.
Auch für Therapeuten sehenswert
Auch wenn man als praktizierender Psychologe oder Psychotherapeut in „Könige der Welt“ vielleicht nichts Neues über Abhängigkeitserkrankungen und deren Therapie erfährt, ist der Film trotzdem definitiv sehenswert. Er berührt, weil er auf sehr intime und schonungslose Weise die Entwicklung und den Verlauf der Sucht bei dem sensiblen und nachdenklichen Maze portraitiert. Die Entstehung der Abhängigkeit, begünstigt durch das Milieu des Musikbusiness, seine Selbstzweifel während der Reha, seine Angst vor einem Rückfall und die körperlichen und geistigen Auswirkungen des jahrelangen Konsums. Wie er im Verlauf der Therapie immer klarer und lebendiger wird, wie sich seine Stimme und sein Gesang mit der Abstinenz verändern, aber auch wie er immer wieder mit sich hadert. Die Musik ist zwar einerseits sein Lebensinhalt und Anker, aber andererseits auch stark mit dem Drogenkonsum verknüpft.
Der Film zeigt
eindringlich, wie wichtig es ist, Angehörige in die Behandlung von Suchtkranken mit einzubeziehen.
Angehörige in der Behandlung von Sucht
Der Film zeigt eindringlich, wie wichtig es ist, Angehörige in die Behandlung von Suchtkranken mit einzubeziehen. Denn Mazes Bandkollegen versuchen ihm nach bestem Wissen und Gewissen beizustehen, stoßen dabei aber auch immer wieder an ihre persönlichen Grenzen. Nach anfänglicher Unsicherheit, wie sie als Freunde mit der Situation umgehen sollen, gibt ihnen ein Rückfallvertrag, in dem konkrete Handlungsanweisungen für den Fall eines erneuten Konsums festgehalten sind, nach Mazes Entlassung aus der Klink deutlich mehr Sicherheit.
Ein Film zum Lachen und zum Weinen
Trotz des ernsten Themas ist „Könige der Welt“ nicht durchgängig düster. Die vier Jungs von "Pictures" sind sehr sympathisch und lustig und heitern mit ihren Sprüchen zwischendurch immer wieder die Stimmung auf, was sehr befreiend ist.
Ob es Maze schlussendlich schafft, abstinent zu bleiben und „Pictures“ ihre Comeback-Tour antreten können, wird an dieser Stelle nicht verraten. Es soll ja noch ein bisschen spannend bleiben, falls du vorhast, dir diesen wirklich sehr bewegenden Film im Kino anzusehen.