Achtung Stolperfalle! Als Therapeut:in bei Facebook

Facebook ist seit vielen Jahren eine wichtige Social-Media-Plattform, auch für Therapeut:innen und Coaches: du kannst geschäftliche Seiten anlegen, Informationen teilen oder dich in Gruppen austauschen. Der Grat zwischen beruflichen Chancen und den Risiken ist allerdings schmal. Unsere Autorin Sandra Knümann verrät dir, welche Stolperfallen es gibt und worauf du achten solltest.

Die sozialen Medien bieten selbständigen Coaches und Therapeut:innen viele tolle Vernetzungsmöglichkeiten. Ich selbst liebe Facebook dafür, dass ich dort die Neuigkeiten erfahre, die mich wirklich interessieren, dass ich mich mit Kolleg:innen austauschen kann und die Möglichkeit habe, ganz neue Menschen auf meine Therapie- und Coaching-Angebote aufmerksam zu machen. Allerdings gibt es auch ein paar Stolperfallen, die die therapeutische Arbeit belasten oder sogar verhindern können.

Facebook – eine Grundsatzfrage

Natürlich gilt es grundsätzlich abzuwägen, ob man einem ethisch fragwürdigen Unternehmen wie Facebook überhaupt seine Daten und seinen Content überlassen will. Gute Gründe, Facebook und Co. zu meiden, gibt es genug. Ich selbst habe mich vor 7 Jahren trotzdem dafür entschieden und habe ebenso lange auch eine geschäftliche Facebook-Seite. Derzeit folgen mir dort fast 1.600 Abonnent:innen – gar nicht schlecht für ein Nischenthema wie „Achtsamkeitsbasierte Naturtherapie“! Ich schalte Anzeigen, poste Videos, bin Mitglied in mehreren Facebook-Gruppen und habe vor kurzem auch eine gegründet: „Naturtherapie & Naturcoaching“. Bis ich allerdings eine eigene Position zu Facebook gefunden hatte und mich auf diesem Terrain sicher bewegen konnte, hat es einige Zeit gedauert.

Den Datenkraken füttern

Wenn du als Therapeut:in oder Coach:in ein privates Facebook-Profil anlegst, stehst du gleich zu Beginn vor der Frage, wieviel du der Öffentlichkeit und dem Unternehmen von dir preisgeben willst. Du kannst davon ausgehen, dass Facebook früher oder später Dinge mit deinen Daten tut, die du nicht willst. Möchtest du ihm also wirklich dein Geburtsdatum, -ort und -namen, alle deine Hobbies, Ausbildungsstätten, Wohnorte, Verwandtschaftsverhältnisse usw. verraten? Die nächste Frage ist, wieviel davon öffentlich sichtbar sein soll und was davon nur deine „Freunde“ sehen dürfen. Du kannst dein Profil auch als ganz privat einstellen, dann erfährt niemand (außer Facebook) etwas von dir. Zum Vernetzen mit neuen Kontakten ist das jedoch eher unattraktiv.

Was ist dein Ziel?

Überlege dir, wofür du Facebook nutzen willst. Möchtest du v.a. mit Freund:innen aus dem echten Leben in Kontakt bleiben oder hast du eher geschäftliches Interesse? Wenn du dich für die private Nutzung entscheidest, solltest du darauf achten, mit wem du dich „befreundest“ und wer welche Inhalte sehen kann. Klient:innen (oder Fremde, die Klient:innen werden könnten) möchtest du vielleicht nicht am privaten Austausch mit deiner Mutter teilhaben lassen. Wenn du dich für die geschäftliche Nutzung entscheidest, empfiehlt es sich, deinen echten Namen anzugeben und das Profil auf „öffentlich“ einzustellen, damit jede Interessentin etwas über dich erfahren kann. Es versteht sich, dass du in diesem Fall darauf verzichten solltest, private Details zu posten. Schließlich möchtest du nicht, dass deine Klienten dich am nächsten Morgen auf deine durchzechte Nacht ansprechen oder deine Familienfotos sehen.

Too much information

Eine Stolperfalle besteht also darin, dass Klient:innen bei Facebook mehr über dich erfahren als sie im normalen Therapie-Kontakt erfahren würden. Das kann zu Fantasien und unbewussten Übertragungsphänomenen führen, die die Arbeit erschweren. Vielleicht hat dein:e Klient:in entdeckt, dass ihr gemeinsame Facebook-„Freund:innen“ habt und stellt Vermutungen über deine Verbindung zu ihnen und deine Verschwiegenheit ihnen gegenüber an. Vielleicht lehnt er/sie deine politische Einstellung ab - oder stimmt ihr zu. Oder er/sie sieht, dass du etwas gepostet hast, obwohl du die Sitzung wegen Krankheit abgesagt hattest. Schon das „Internet-Du“ kann zu Irritationen in der therapeutischen Beziehung führen. Sei dir bewusst: Wenn Therapeut:in und Klient:in neben den Sitzungen auch über Facebook kommunizieren, entsteht eine Parallelwelt, die Einfluss auf die Arbeit hat.

Aktives Wegschauen

Mich hat ein Klient mal um eine Preisermäßigung gebeten, weil er sich die Sitzungen sonst nicht leisten könne. Bei Facebook sah ich dann zufällig ein Foto, auf dem er stolz neben seinem neuen Auto posierte. Wie geht man damit um? Sobald du mit Klient:innen auf Facebook „befreundet“ bist, erhältst du ihre Neuigkeiten – eine weitere Stolperfalle. Die Strandfotos einer Klientin liken? Zum Geburtstag gratulieren? Beiträge kommentieren oder teilen? Was ist mit der Schweigepflicht, wenn andere sehen, dass wir in Kontakt sind? Und was bedeutet Facebook für die therapeutische Abstinenz? Mich beschleicht ein ungutes Gefühl, wenn ich auf Fotos Familienmitglieder der Klient:innen sehe, über die wir in den Sitzungen gesprochen haben. Diese zusätzlichen Informationen haben Einfluss auf meine Wahrnehmung der Situation. Außerdem: Genau wie ich meine Privatsphäre schützen möchte, will ich auch nicht in ihre eindringen. Eine Lösung kann sein, aktiv wegzuschauen, d.h. den Button „nicht mehr abonnieren“ oder „verbergen“ einzuschalten. Oder von vornherein Freundschaftsanfragen von bestehenden Klient:innen ablehnen – was auch erklärungsbedürftig sein kann.

Öffentliche und private Person trennen

Um Facebook sowohl privat als auch beruflich nutzen zu können, legen sich manche Therapeut:innen Fake-Profile an. Mit diesen kommunizieren sie dann nur mit ihren echten Freund:innen, während sie unter ihrem Realnamen als öffentliche Person bei Facebook auftreten. Für dieses öffentliche Profil stellt sich die Frage: Wie möchtest du in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden? Du kannst mit deinem Verhalten auf Facebook einiges dafür tun, dass du vertrauenswürdig, authentisch und professionell wirkst. In Kombination mit dem Posten interessanter Inhalte erreichst du die Klient:innen, die du anziehen willst. Aber wie immer im Leben liegt es nicht allein in deiner Hand, wie andere dich wahrnehmen. Jedes Tun oder Lassen kann eine ganz unerwartete Wirkung auf den/die Empfänger:in haben. Eine Klientin bezog z. B. meine Postings häufig auf sich und dachte, ich wolle ihr darüber etwas mitteilen oder sie „testen“. Zum Glück hat sie es in der Therapiesitzung angesprochen! Also: Auch bei Facebook kann man nicht nicht-kommunizieren.

Lösung 1: Nur Facebook-Seite

Um den oben genannten Verwicklungen mit Klient:innen möglichst zu entgehen, könntest du dich nur mit Menschen „befreunden“, die niemals deine Kund:innen werden. Alle deine beruflichen Aktivitäten konzentrierst du dann auf deine geschäftliche „Facebook-Seite“. Aber auch hier wäre es günstig, die Parallel-Kommunikation zu begrenzen, z. B. indem du dich nicht auf Diskussionen mit Klient:innen einlässt. Diese Lösungsvariante verzichtet darauf, „Freund:innen“ zu gewinnen (z. B. auch in Gruppen), die deine „Seite“ abonnieren könnten.

Lösung 2: Persönliches Profil + Facebook-Seite

Allein mit einer „Seite“ hat man es schwer, in Facebook-Gruppen zu kommunizieren oder fremde Menschen aufzufordern, deine „Seite“ zu abonnieren (d. h. regelmäßig deine Neuigkeiten zu empfangen). Leichter ist es mit einem persönlichen Profil, das möglichst immer auf deine „Seite“ verweist. Ich habe mir angewöhnt, mit meinem persönlichen Profil nur spärlich zu posten. Alles Wichtige findet hingegen auf meiner „Seite“ statt, d.h. dort konzentrieren sich auch die „Likes“ und sorgen für eine bessere Sichtbarkeit meiner Beiträge.

Wie auch immer deine Lösung aussieht: Ich wünsche dir, dass du eine gute Balance zwischen den beruflichen Chancen und Risiken von Facebook findest.