Zwischen Kindergarten und Coaching-Klienten: Wie du verschiedenen Rollenerwartungen gerecht werden kannst und dir dabei selbst treu bleibst

Bist du selbstständig als Coach, Frau und Mutter? Dann kennst du das vielleicht: Körperlich bist du zwar immer ein und dieselbe Frau, gemessen an deinen Rollen jedoch, bist du viele verschiedene. Wie du mit den unterschiedlichen Erwartungen und Rollenkonflikten umgehst und was dir helfen kann, deine verschiedenen Rollen im Alltag achtsam unter einen Hut zu bekommen, erklärt dir unsere Autorin Carolin Zahn von Soul Rebel Coaching.

Bist du selbstständig als Coach, Frau und Mutter? Dann ist dieser Text vor allem für dich.

Vielleicht kennst du es: Du sprintest vom intensiven Termin mit dem letzten Klienten los, um pünktlich in der Kita zu sein und dein Kind abzuholen. Vielleicht kennst du auch das: Nach einem langen Tag in und an deinem Business kommst du nach Hause und bist direkt gefordert, in die abendliche (und manchmal nervenaufreibende) Zu-Bett-geh-Routine einsteigen zu müssen. Und wenn die Kinder schlafen und du endlich auf die Couch kannst, um die Füße hochzulegen, piesackt dich diese Stimme mit Sätzen wie: “Mach’ doch noch einmal den Laptop auf. Von nichts kommt nichts.” oder “Nutz doch diese zwei Stunden noch für eine sinnliche Zeit mit deinem Partner, der da neben dir sitzt.” oder “Um dich selbst hast du dich auch schon lang nicht mehr gekümmert.”

Du bist mitten drin im Rollenkonflikt.

Körperlich bist du zwar immer ein und dieselbe Frau, gemessen an deinen Rollen jedoch, bist du viele verschiedene. Denn je nachdem, mit wem du zu tun hast, werden unterschiedliche Erwartungen an dich herangetragen. Und auch du selbst hast verschiedene Erwartungen an dich in deiner jeweiligen Rolle. Daraus können sich Konflikte in deiner Außen- und Innenwelt ergeben.

Rollenkonflikte sind auf mehreren Ebenen möglich:

1. Die Rollenerwartungen von außen können mit deinen eigenen in Konflikt stehen. Das bedeutet, dass das, was z.B. dein Partner von dir als Mutter erwartet, etwas anderes ist, als das, was du oder die Gesellschaft von dieser Rolle erwarten. Verschiedene Menschen können unterschiedliche Erwartungen an dich in deiner jeweiligen Rolle haben.

2. Deine eigenen Erwartungen an die jeweiligen Rollen können miteinander im Widerspruch stehen. Das heißt z.B., dass deine Erwartungen, die du an dich als Mutter hast, gleichzeitig erschweren oder verhindern können, dass du deine Erwartungen erfüllst, die du an dich als Unternehmerin und Coach hast.

Der Managementberater Jürgen Kugele hat sich intensiv mit Rollen und Rollenerwartungen beschäftigt und ein eigenes Modell entwickelt. Er schreibt: “Ziel ist Stimmigkeit, als doppelte Übereinstimmung mit sich selbst und der Situation, wesensgemäß und situationsgerecht, welche Authentizität mit Professionalität durch eine dynamische Rollendistanz verbindet.” Das bedeutet, du bist dir klar darüber, welche Erwartungen von außen an dich in der jeweiligen Rolle gestellt werden und weißt, welche Kräfte und Ansprüche an dich selbst dich im Innern antreiben und dir wichtig sind. So kannst du entsprechend mit dir selbst verbunden handeln und dich ebenso von überhöhten, an dich herangetragenen Rollenerwartungen distanzieren. Basis ist dementsprechend, auf mehreren Ebenen für mehr Bewusstsein und Klarheit zu sorgen.

Wie du Stimmigkeit in deinen verschiedenen Rollen erreichen kannst

1. Identifiziere die verschiedenen Rollen, die du hast.

Um eine Stimmigkeit der verschiedenen Rollen zu erreichen, ist es wichtig, diese überhaupt erst einmal zu identifizieren. Als selbstständige Coach mit einem oder mehreren Kindern hast du mindestens schon einmal diese wichtigen Rollen: Coach, Selbständige, Mutter, du selbst als Frau. Je nach Lebenssituation kommen eventuell noch dazu: Co-Founder und Partnerin. Und natürlich können auch andere Rollen mehr oder weniger relevant sein, z.B. die Rolle der Freundin oder Tochter. Erstelle dir eine Liste der verschiedenen Rollen, die du aktuell einnimmst. Führe alle Rollen auf, die wichtigen und weniger wichtigen.

2. Verdeutliche dir die unterschiedlichen Erwartungen, die du selbst an die einzelnen Rollen hast

Fertige ein Schaubild an, in dem du das Zentrum bildest. Zeichne um dich herum die verschiedenen Rollen ein, die du für dich identifiziert hast. Notiere dir dazu, welche Erwartungen du an die einzelnen Rollen gestellt siehst.

Kläre deine persönliche Erwartungshaltung an die jeweiligen Rollen:

  • An welche Rollen hast du ähnliche Erwartungen?
  • Wo werden innere Widersprüche deutlich? Welche Erwartungen stehen im Widerspruch?
  • Welchen Erwartungen willst du wirklich gerecht werden?  

3. Mach’ dir ein ausführliches Bild der äußeren Erwartungen an die jeweilige Rolle

Erstelle nun für jede einzelne Rolle eine neue Übersicht mit den Menschen, die Erwartungen an dich in der jeweiligen Rolle haben. Es lohnt sich, dies ebenfalls in einem Schaubild aufzuzeichnen. So wird die Vielfalt deutlich und eventuelle konfliktäre Dynamiken besser erkennbar.

Überlege:

  • Wer hat welche Erwartungen an dich in dieser Rolle? Sind die Erwartungen klar formuliert? Oder spürst du sie unbewusst? Notiere sie dir.
  • Wo stellst du Spannungen oder Konflikte in den Erwartungen an die jeweilige Rolle fest?
  • Welchen Erwartungen willst du wirklich gerecht werden?
  • Welchen nicht? Erlaube dir, diese loszulassen.

4. Wähle je nach Situation bewusst die entsprechende Rolle

Vielleicht hast du schon einmal erlebt, dass dir dein Partner im Gespräch sagt: “Ich habe jetzt keine Lust, gecoacht zu werden.” Dann könnte dies ein Hinweis darauf sein, dass du mehr in der Rolle als Coach - und der damit für dich verbundenen Erwartungshaltung - da bist, als in der Rolle der Partnerin.

Hier wird deutlich, wie hilfreich die Auseinandersetzung mit den einzelnen Rollen ist. Indem du geklärt hast, welche Rollen du innehast, wie du sie ausfüllen willst und welche Erwartungen andere an die Rolle haben, hast du ein größeres Bewusstsein geschaffen. Dies erleichtert dir, klarer und achtsamer in einzelne Lebenssituationen hineinzugehen, weil du schneller erkennst und weißt, welche Rolle gefordert ist und was du und andere von dieser Rolle erwarten. Du kannst so bewusst wählen, wie du diese Rolle ausfüllen willst.

5. Was dir im Alltag hilft, klar in den Rollen und bei dir zu bleiben

Um im Alltag nicht mehr unmerklich von einem Setting und einer Rolle in die nächste zu wechseln, kann dich ein kurzes Ritual in Form eines Check-Ins mit dir selbst darin unterstützen, bewusster in deinen Rollen zu sein.

Schaue genau, was du brauchst, um dich in der Rolle gut zu fühlen und stimmig mit deinen Erwartungen zu handeln. Gehe dann bewusst mit dieser Intention in das neue Setting.

Wenn Du das nächste Mal das Setting wechselst, z.B. aus einem Coaching in der Rolle als Coach kommst und in den Nachmittags-Kinderprogramm-Alltag in die Mutter-Rolle gehst, nimm dir davor eine Minute Zeit. Atme ein paar Mal tief ein und aus und mache einen kleinen Check-in mit dir selbst. Frage dich: Wie will ich jetzt in der Rolle als Mutter sein? Gelassen? Warm? Klar? Schaue genau, was du brauchst, um dich in der Rolle gut zu fühlen und stimmig mit deinen Erwartungen zu handeln. Gehe dann bewusst mit dieser Intention in das neue Setting.

Diesen Check-in kannst du beliebig wiederholen: abends auf der Couch mit deinem Partner oder mit dir allein am Schreibtisch in der Rolle der Selbständigen.

Viel Freude beim bewussten Gestalten deiner Rollen. Wenn Du dabei Unterstützung möchtest, schreib uns gern an hello@soulrebelcoaching.de.