Die Approbationsprüfung meistern: In 10 Schritten zum Erfolg
Du hast eine langjährige Ausbildung hinter dir, viele Stunden erkenntnisreiche (Selbst-)Erfahrung und dich mit Büchern und Seminaren schnell und sicher auf die Approbationsprüfung vorbereitet. Dennoch kann es Störfaktoren in der Klausursituation selbst geben, die dich daran hindern können, dein erworbenes Wissen zu aktivieren und zu nutzen.
Zum Beispiel die Zeit: Sie ist zwar ein wesentlicher Faktor in der Klausursituation, jedoch sind die im Durchschnitt pro Frage zur Verfügung stehenden 90 Sekunden entgegen subjektiven Befürchtungen relativ viel Zeit. 90 Sekunden bedeuten aber auch, dass es in der Regel wenig sinnvoll ist, über eine schwierige oder unklare Aufgabe lange zu grübeln. Wir empfehlen dir daher, zunächst alle hinreichend gut lösbaren Aufgaben zu bearbeiten, um dann am Ende erneut auf die noch ungelösten Aufgaben zurückzukommen.
Um die pro Aufgabe zur Verfügung stehende Zeit effektiv zu nutzen, empfehlen wir dir das folgende systematische Vorgehen, welches Schritt für Schritt zum Erfolg führt.
1. Atmen!
Durch eine ruhige und regelmäßige Atmung gelingt es dir, dein vegetatives Nervensystem anzusprechen, deine Aufregung zu managen und einen Zustand konzentrativer Leistungsbereitschaft herbeizuführen.
2. Frage aufmerksam lesen.
Sich die Zeit zu nehmen, den – manchmal relativ langen – Aufgabentext ruhig und aufmerksam zu lesen, erspart oft Zeit bei der Lösungsfindung.
3. Wichtiges unterstreichen.
Viele Fragen enthalten Zusatzinformationen, die oft verwirrend, jedoch zur Lösung der Aufgabe irrelevant sind.
4. Wie viele Antworten sind möglich?
Handelt es sich um eine Einfach- oder um eine Mehrfachwahlaufgabe? Werden mehrere Lösungen verlangt, so ist dies immer deutlich sichtbar am Ende der Aufgabe angegeben (z. B. „Wählen Sie zwei Antworten!“). Ist dort nichts Explizites erwähnt, dann handelt es sich um eine Einfachwahlaufgabe.
5. Negation?
Handelt es sich um eine Aufgabe, mit negiert formulierter Fragestellung? Dies ist im Aufgabentext ebenfalls explizit erwähnt (z. B. „Welche der folgenden Maßnahmen zählt nicht dazu?“).
6. Antworten markieren.
Gerade für diejenigen Aufgaben, die schwierig und nicht im ersten Durchgang zufriedenstellend zu lösen sind, empfehlen wir dir, im ersten Durchgang bereits im Aufgabenheft Antworten zu markieren (welche Alternativen sind aussichtsreiche Lösungskandidaten, welche sind unter Umständen möglich, welche können ausgeschlossen werden).
Das bedeutet, dass du am Ende auf eine bereits vorstrukturierte Aufgabe zurückkommen kannst, weniger Einarbeitungszeit benötigst und dich in der Regel nicht mehr mit fünf, sondern nur noch mit zwei oder drei Alternativen auseinandersetzen musst.
7. Ausschlussverfahren
Die Klausuren sind mit relativ großem testtheoretischen Aufwand konstruiert. Dies bedeutet, es gibt in jeder Klausur leichte, mittelschwere und schwere Items bzw. Aufgaben. Bei den leichten Aufgaben stellt sich in der Regel das angenehme Gefühl ein, die Lösung zu „wissen“. Man muss nicht lange überlegen, kreuzt die richtige Alternative an, geht zur nächsten Aufgabe über und freut sich, 60 Sekunden Lösungszeit für schwierige Aufgaben gutgemacht zu haben.
Bei den schweren Aufgaben hingegen entsteht rasch das tendenziell unangenehme Gefühl, keine Ahnung zu haben. Dies ist Bestandteil der Klausur und sollte dich nicht weiter verunsichern. Bei den Fragen, deren richtige Lösung du nicht positiv, also durch Wissen, finden kannst, ist nicht Resignation, sondern der Rückgriff auf das Ausschlussverfahren indiziert: Von welchen Lösungen kann ich mit zufriedenstellender Sicherheit sagen, dass sie nicht die richtige Lösung sein werden (z. B. weil ich sie anderen Themenbereichen oder Fragestellungen zuordnen kann)? Das Ausschlussverfahren ist kein sicherer Weg, sondern eine häufig erfolgreiche Heuristik. Mit dem Ausschlussverfahren lässt sich die Vielfalt möglicher Antworten erfahrungsgemäß oft auf zwei reduzieren.
8. Nicht zu kompliziert denken
Eine durchaus auch im Alltag bewährte Strategie ist ebenfalls für die Klausur von Relevanz: Verlasse dich bei der Lösungsfindung auf deine Lebenserfahrung und dein implizites Wissen durch Studium und Ausbildung. Die Fragen verfolgen manchmal das Ziel, durch irrelevante Zusatzinformation zu verwirren, sie haben es aber nicht darauf abgesehen, den angehenden Psychologischen Psychotherapeut:innen oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut:innen systematisch zu täuschen. „Zu leicht“ erscheinende Aufgaben sind leichte Aufgaben und in der Regel keine Fallen.
9. Raten heißt eine Chance ergreifen
Eine der wichtigsten und mitunter gar prüfungsentscheidenden Maximen besagt: Raten ist kein Zeichen von Inkompetenz, sondern im Rahmen einer Multiple-Choice-Klausur – und solange es nicht die dominante Lösungsstrategie darstellt – ein weises methodisches Vorgehen. Bei einer Vielzahl von schwierigen Aufgaben ist die Kombination von Möglichkeitsreduktion durch Ausschlussverfahren und Lösungsgewinnung durch Raten eine effektive Strategie.
10. Antwort übertragen.
Bezüglich des Antwortbogens empfehlen wir dir, Antworten sofort zu übertragen und nicht erst im Aufgabenheft zu markieren und am Ende en bloc auf den Antwortbogen zu übertragen.
Ein Grund für innere Widerstände gegen das Raten ist die Angst, etwas falsch zu machen. Hier ist es wichtig, dir zu vergegenwärtigen, dass es in der Klausur pro Aufgabe nur einen Punkt oder keinen Punkt gibt. Weitere Optionen der Bepunktung gibt es nicht. Es gibt keine halben Punkte und keine Strafpunkte oder Punktabzug für falsche Lösungen.
Das heißt: Keine Lösung anzukreuzen, wird genauso bewertet, wie eine falsche Lösung anzukreuzen (nämlich mit keinem Punkt). Kreuzt du keine Lösung an, hast du mit einer Wahrscheinlichkeit von 100 % keinen Punkt, kreuzt du hingegen, ohne die Aufgabe gelesen zu haben, irgendeine Lösung an, dann hast du nur mit 80 % Wahrscheinlichkeit keinen Punkt. Das bedeutet, dass am Ende der Klausur auf deinem Antwortbogen auf jeden Fall 80 Antworten markiert sein sollten. Sind von diesen 48 oder mehr richtig beantwortet, dann hast du bestanden.
Dieser Artikel ist ein leicht veränderter Auszug aus dem Buch „Das Repetitorium“ derselben Autor:innen.