Achtsamkeit mit Social Media für Coaches und Therapeuten

Viele Coaches, Therapeuten und Berater sind auch bei Social Media aktiv, vernetzen sich und teilen Neuigkeiten bei Instagram und Co. Gleichzeitig wissen wir: Social Media birgt ein gewisses Suchtpotential. Wie kannst du soziale Medien sinnvoll nutzen und sie dabei achtsam konsumieren? Mindfulness-Trainerin und ehemalige Social-Media-Beraterin Jessica Heibach zeigt dir die besten Tipps für den Digital Detox.

Hältst du ständig dein Smartphone in Händen und verbringst teils mehr Zeit in den sozialen Medien, als dir lieb ist? Dann bist du nicht allein. Für viele von uns ist Social Media ein wichtiger Wegbegleiter im Alltag. Viele Coaches, Therapeuten und Berater sind mittlerweile auch auf Social Media unterwegs, teilen Inhalte auf Instagram oder Facebook, schreiben Blogartikel und vernetzen sich. Wir wissen, dass es ein gewisses Suchtpotential mit sich bringt und dennoch nutzen wir Social Media oftmals mehr als uns guttut. Dieser Artikel soll Anlass bieten, einmal still zu stehen und unsere aktuelle Beziehung zu Social Media zu reflektieren.

Aus meiner Zeit als Social-Media-Beraterin weiß ich gut, welchem Druck man ausgesetzt ist, wenn ständige Erreichbarkeit, schnelle Reaktionszeiten, die Erwartungshaltung "immer alles" in Echtzeit mitbekommen zu müssen und natürlich großartigen Content zu produzieren zum Alltag gehören. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass der achtsame Umgang mit Social Media wesentlich für die eigene mentale Gesundheit ist und dass mir die hohe Kunst, bestmöglich mit den Herausforderungen und Möglichkeiten von Social Media umgehen zu können, am Herzen liegt.

Selbstbestimmt statt fremdbestimmt

Wenn wir sofort reagieren müssen, wenn wir ständig erreichbar sein müssen oder unsere schönen Momente teilen - wer hat hier dann eigentlich die Macht über wen? Und müssen wir all das wirklich?

“WIR sollten die Macht über Social Media haben und nicht Social Media ÜBER UNS.” 

Ein zentraler Gedanke ist hier, sich immer wieder bewusst zu machen, aktiv statt reaktiv zu handeln, sich frei zu machen von dem ersten Impuls, sich leiten zu lassen. Denn wir sollten Social Media als Tool für unsere Zwecke - ganz bewusst - einsetzen. Social Media sollte uns, unseren Zielen und Bedürfnissen dienen und nicht anders herum.

Social-Media-Kompetenz ist gefragt

Social-Media-Kompetenz beginnt zum einen damit, sich damit auseinander zu setzen, wie Social Media sinnvoll genutzt werden kann und zu lernen, welche Möglichkeiten und Funktionen sie bieten. Zum anderen sind Selbstverantwortung und ein gesundes, kritisches Hinterfragen wesentlich, um nicht in eine Abhängigkeitsspirale zu kommen. Sich bewusst zu sein, dass zwischen der Online- und der Offline-Welt eine Diskrepanz bestehen kann, dass schöne Bilder oftmals inszeniert sind oder wir aufgrund von unglaubwürdigen Quellen fehlinformiert werden ist essentiell. Wir müssen uns im Klaren darüber sein, welche Folgen das unreflektierte Nutzen von Social Media haben kann.

Social-Media-Frühjahrsputz in 3 Schritten

Wie nutze ich Social Media achtsam und als Werkzeug für meine Zwecke? Mit diesen drei Schritten kannst du dich für deinen beruflichen, wie auch privaten Social-Media-Alltag fit machen.

1. Warum Social Media?

Zuallererst stelle dir die Frage: Warum nutzt du Social Media? Was möchtest du erreichen? Es kann hilfreich und entscheidend sein, immer wieder im Laufe der Zeit zu reflektieren, was du dir von Social Media versprichst. Halte dir vor Augen, welche Ziele du verfolgst und mit welcher Absicht du die Social-Media-Channels aufrufst. Unterstützen sie dich bei etwas, das dir wichtig ist oder einem Wert entspricht, den du vertrittst?

2. Nimm dein Social-Media-Verhalten gründlich unter die Lupe

Mache eine Bestandsaufnahme und sammele, womit du deine Social-Media-Zeit verbringst. Nutzt du den Facebook Messenger, um dich zu verabreden, Whatsapp Call, um mit deiner Familie zu kommunizieren, den Instagram Newsfeed als Inspirationsquelle oder Pinterest, um neue Ideen für Rezepte zu finden? Nutzt du Facebook, um mit deiner Community interessante Artikel zu teilen, Instagram Stories, um zu zeigen, was dich aktuell beschäftigt usw.? Was machst du eigentlich und wie sinnvoll ist es wirklich? Beobachte, ob du sie gezielt nutzt oder ob es teilweise lediglich ein “zwanghaftes Checken” ist. In welchen Momenten läuft bei dir ein automatischer Prozess ab und was könnte dahinter stecken? Was bräuchtest du oder was könnte dir dabei helfen, um diesen Drang nicht zu verspüren?

3. Evaluiere und sortiere aus

Nachdem du nun deine aktuelle Social-Media-Nutzung beobachtet hast, ist es sinnvoll zu evaluieren, ob Social Media oder die jeweilige Aktivität auch die beste Option ist, um dich bei deinen Zielen zu unterstützen. Wenn ja, wie kannst du diesen Kanal optimal dafür einsetzen? Wenn die Antwort nein ist, entscheide dich dazu es wegzulassen.

Digital Detox

Komplett offline sein - geht das überhaupt? Der Gedanke, radikal auf alle Social-Media-Kanäle zu verzichten, löst in dem ein oder anderen vermutlich schon ein unwohles Gefühl aus. Es wäre auch schade alles wegzulassen, oder? Denn es wären vermutlich in deinem Leben einige positive Dinge ohne Social Media gar nicht erst passiert. Sich dennoch ganz bewusst eine Social-Media-Auszeit für einen bestimmten Zeitraum zu nehmen kann auch gut tun und dabei unterstützen, sich auf das Wesentliche zurück zu besinnen und mit neuer Frische (eventuell in einem minimierten Stil) Social Media optimaler zu nutzen.

5 Tipps für einen achtsamen Umgang mit Social Media

Neben einer Social-Media-Auszeit oder einem Social-Media-Frühjahrsputz ist vermutlich noch viel interessanter, wie man Achtsamkeit in die alltägliche Social-Media-Nutzung integrieren kann. Dazu meine 5 Tipps:

1. Feste Social-Media-Zeiten

Nimm dir bewusst die Zeit für Social Media und plane feste Zeiten ein. Kalendereinträge und begrenzte Timeslots für Social Media sorgen dafür, dass du dich nicht in den Tiefen der sozialen Medien verlierst und sie möglichst effektiv nutzen kannst. Zusätzlich kann es hilfreich sein, einen Timer zu stellen, der dich nach der eingeplanten Zeit wieder in die Offline Welt zurückholt.

2. Experiment: Smartphone raus aus dem Schlafzimmer

Ist das letzte, was du vor dem Schlafengehen siehst, und das erste, nachdem du wach geworden bist dein Smartphone? Dann geht es dir wie vielen. Doch trotz Blaulichtfilter lassen uns viel Bildschirmnutzung - besonders abends - schlechter schlafen. Es kann sich also lohnen, Smartphone und Laptop bewusst nicht mit ins Bett zu nehmen.

Was würde passieren, wenn du morgens nicht als erstes auf das Handy schaust? Wenn du dich zuerst mit dir selbst verbindest und erst danach mit Social Media. Falls du es nicht ohnehin schon tust: Schau mal, ob du die ersten Sekunden, in denen du wach bist, dazu nutzen kannst, den Tag bewusst zu starten.

3. Apps für das Tracking und als Support

Verschiedene Apps (wie z.B. Moment oder OFFTIME) geben dir Einblick in deine digitalen Gewohnheiten. Sie messen, wie viel Zeit du an deinem Smartphone verbringst und welche Apps du am meisten nutzt. Zudem bieten sie die Möglichkeit, den Zugriff auf Apps oder Benachrichtigungen einzuschränken sowie einen Coaching-Part, der dabei unterstützt, deine Nutzungsgewohnheiten Schritt für Schritt zu ändern.

4. Notifications anpassen

Benachrichtigungen sind zwar nützlich, allerdings nur, wenn du dich bewusst für bestimmte Notifications entschieden hast. Andernfalls verführen sie lediglich zum Klicken und fressen deine wertvolle Zeit oder Konzentration. Frage dich also: Brauche ich wirklich alle Benachrichtigungen, die ich aktuell bekomme, und welche sind mir wirklich wichtig? Gehe dann App für App durch und passe die Einstellungen an.

5. Newsfeed aufräumen

Sind wirklich alle Inhalte, die du in deinem Newsfeed siehst, relevant und interessant für dich? Oder folgst du auch Personen, deren Inhalte dich mittlerweile gar nicht mehr interessieren oder die dir sogar Energie ziehen? Definiere deine eigenen Kriterien dazu, welchen Personen oder Seiten du folgen möchtest und „entfolge“ allem, was nicht mehr passt.

Fazit: Social Media ist ein Tool, mehr sollte es nicht sein

Sei aktiv und nicht reaktiv! In einer digitalen Welt ist das bewusste Nutzen von Social Media ganz wichtig für die mentale Gesundheit. Regelmäßig reflektieren, wie wir die sozialen Medien verwenden und sich immer wieder frei und unabhängig von ihrer Sog-Kraft zu machen, ist enorm wichtig. Wir haben die Wahl und Gestaltungsmöglichkeiten und sollten diese auch nutzen. Wie wir Social Media nutzen, kann für jeden unterschiedlich aussehen. Hier gibt es kein richtig oder falsch. Und auch wie wir Achtsamkeit in unsere Social-Media-Nutzung bringen, kann für jeden anders funktionieren.