Filmkritik: Pink Elephants

Eine aufwühlende und verstörende Dokumentation über den Schauspiel- und Erfolgscoach Bernard Hiller und seine Masterclasses, in denen sich eindrucksvoll psychologische Phänomene wie Gruppendynamik, Autoritätsgehorsam aber auch extreme Emotionen aller Art aus nächster Nähe beobachten lassen.

Mit Pink Elephants wagt Regisseurin Susanne Bohlmann einen Blick hinter die Kulissen des Traumberufs Schauspieler. Die sogenannten Masterclasses des US-amerikanischen Schauspiel- und Erfolgscoaches Bernard Hiller, der bereits mit Größen wie Cameron Diaz oder Bryan Cranston gearbeitet hat, sollen Schauspieltalenten zum Erfolg verhelfen. In den viertägigen Workshops herrschen strikte Regeln: Jeder, der sich über die Vorgehensweise Hillers beschwert, ihr gegenüber negativ gestimmt ist oder den Coach bei den Übungen nicht 100-prozentig überzeugen kann, fliegt sofort aus dem Kurs und hat auch keine Ansprüche auf Rückzahlungen. Im Verlauf des Workshops ermittelt Hiller zunächst die vermeintlichen Schwächen der einzelnen Teilnehmer und führt dann verschiedene Übungen mit ihnen durch. Sie müssen z.B. ekstatisch tanzen, wie „Löwen oder Krüppel“ hinter ihm her kriechen oder einem Stuhl glaubhaft ihre Liebe erklären. Dabei werden die Teilnehmer von Hiller abwechselnd verbal demoralisiert und dann wieder aufgebaut. Ziel ist es, die eigenen Ängste, Schwächen und Hoffnungen zu ergründen, dem „Master“ Hiller uneingeschränkt zu vertrauen, nach der völligen Selbstaufgabe zu Freiheit, Stärke und Erfolg zu finden und so ein besonders authentischer Schauspieler zu werden.

Künstlerische Sequenzen und realistisches Dokuformat im Wechsel

Realistische, relativ unbearbeitete Aufnahmen der Interviews und Geschehnisse wechseln sich mit sehr ästhetischen Sequenzen in schwarz-weiß ab, was dem Film eine künstlerische Note gibt. Die einzelnen Workshoptage werden auch filmisch in Episoden unterteilt, die jeweils mit einem passenden Zitat eingeleitet werden.

Psychologisch höchst interessant

Auf verschiedenen Ebenen ist dieser Film aus psychologischer Sicht sehr spannend. Zum einen ist die Betrachtung der einzelnen Personen, ihrer Charakterzüge und persönlichen Geschichten sehr interessant. So z.B Bernard Hiller, der sich selbst als Medium Gottes bezeichnet und nach eigener Aussage abhängig von der Bewunderung und dem Gehorsam der Kursteilnehmer ist.

Darüber hinaus ist es gleichermaßen erschreckend und faszinierend, wie sich innerhalb des Schauspielkurses in nur vier Tagen ein regelrechter Mikrokosmos bildet, in dem selbständige Menschen zu absolut hörigen Wesen mutieren. Von außen betrachtet muten Hillers Beurteilungen und Methoden, vorsichtig ausgedrückt, fragwürdig an. Die Kursteilnehmer jedoch feiern den Coach und das Prozedere als eine Erleuchtung. Sie folgen Hillers Anweisungen blind, ohne Widerworte und absolvieren die Übungen als würde ihr Leben davon abhängen. Erst in einer Befragung nach Beendigung des Kurses melden zwei Teilnehmerinnen zaghafte Zweifel an der Sinnhaftigkeit und Art der Methoden an.

Verstörend – aufwühlend – nachwirkend

Pink Elephants ist ein sehr guter aber zugleich verstörender Film, der zu Diskussionen anregt und ein flaues Gefühl hinterlässt. Aus schauspielerischer Sicht mögen Hillers Methoden vielleicht hilfreich und erfolgversprechend sein. Psychologisch betrachtet könnte man sie aber auch als grob fahrlässig betrachten, insbesondere, wenn sie bei psychisch labilen Personen angewendet werden. Im Verlauf der Masterclass geben die Teilnehmer ihre schlimmsten Erlebnisse preis und erleiden emotionale Höhenflüge und extreme Zusammenbrüche. Eine anschließende Betreuung oder Aufarbeitung erfolgt nicht. Erschreckenderweise bezeichnet einer der interviewten Schauspieler Bernard Hiller als so etwas wie seinen Psychiater und man hat den Eindruck, dass er auch bei vielen anderen als Ersatzpsychologe oder -vater fungiert. Je weiter der Kurs voranschreitet, desto mehr beginnen auch die Kursteilnehmer Hillers Aussagen und Verhalten im Umgang mit den anderen Schauspielern zu imitieren.

Pink Elephants regt zum Nachdenken darüber an, wie wichtig es ist, sich der Macht, die man selbst über andere hat, bewusst zu sein und verantwortungsvoll mit ihr umzugehen.

Die Message

In dieser Dokumentation zeigt sich, wie schnell man durch ein charismatisches und dominantes Auftreten unter bestimmten situativen Bedingungen große Macht über seine Mitmenschen erlangen kann. Solch ein Machtgefälle, wie zwischen Bernard Hiller und den Teilnehmern seiner Masterclasses, besteht auch in der Beziehung zwischen Therapeut und Patient bzw. Klient und Coach. Pink Elephants regt zum Nachdenken darüber an, wie wichtig es ist, sich dieser Macht bewusst zu sein und verantwortungsvoll mit ihr umzugehen.

Falls du nun neugierig geworden bist, kannst du dir Pink Elephants ab dem 15.11.2018 in den Kinos ansehen.

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