Was du tun kannst, um Therapiebeziehungen zu verbessern

Schon lange sind sich die meisten Psychotherapieforscher einig, dass es für deinen Therapieerfolg nicht so sehr darauf ankommt, ob du Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch fundierte Therapie oder irgendeine andere Therapieform durchführst. Viel wichtiger sind die sogenannten unspezifischen Faktoren. Dass die Qualität der Therapiebeziehung mit der wichtigste Wirkfaktor ist, ist seit Jahrzehnten bekannt.

Entscheidend ist, was deine Patienten selbst in der Behandlung als hilfreich empfinden: zum Beispiel ausreichend Zeit und zu haben, über sich zu sprechen mit jemandem, der zuhört, sich kümmert, versteht, entlastet und Rat gibt. Dein Patient wird zufriedener sein, positive Erwartungen haben und eher positive Veränderungen zeigen, wenn deine und seine Sichtweisen übereinstimmen. Dränge deinem Patienten nicht dein Verständnismodell von Krankheit und Wirklichkeit auf, sondern knüpfe daran an, was dein Patient denkt und glaubt. Dann wird er von Anfang an mit der Therapie zufriedener und bereit sein, die gewünschten Entwicklungsschritte zu gehen. Es ist dann auch weniger wahrscheinlich, dass er die Therapie abbricht.

Laut Klaus Grawe (2004) ist es insbesondere für Angstpatienten wichtig, in der Therapiebeziehung positive Kontrollerfahrungen zu machen. Mache deine Vorgehensweise transparent. Ermögliche deinem Patienten ein Verständnis seiner Störung, das für ihn  plausibel ist. Lass ihn Selbstwirksamkeit erleben, z.B. dadurch, dass du ihn in alle Schritte und Entscheidungen einbeziehst und auf seine Initiativen und Vorschläge  eingehst. Nach Grawe hast du signifikant bessere Ergebnisse, wenn dein Patient in möglichst jeder Therapiesitzung seine eigenen Fähigkeiten und positiven Seiten wahrnehmen kann. Die emotional bedeutsamen Ziele und Werte deines Patienten sollten so gut, wie es geht, aktiviert werden.

Das wichtige Bindungsbedürfnis des Patienten wird nach Grawe am besten befriedigt, wenn du von ihm als einfühlsam und empathisch, verständnisvoll und akzeptierend, als für sein Wohl engagiert, vertrauenswürdig und zuverlässig, als warm, unterstützend und kompetent wahrgenommen wirst. Grawe hebt auch die Bedürfnisse nach Selbstwerterhöhung und Lustgewinn hervor: Sprich mit deinen Patienten über gemeinsame Interessen, das macht ihn gleichrangiger. Positive Emotionen förderst du auch durch Humor oder Entspannungsverfahren.

Was ist konkret gut für das Therapiebündnis?

Mark Hilsenroth und seine Kollegen (2007, 2012) haben eine Reihe von Therapeutenvariablen zusammengetragen, die sich in einer Vielzahl von Studien als signifikant förderlich oder schädlich für das therapeutische Bündnis erwiesen haben. Sie kommen zu folgenden konkreten Empfehlungen.

Empfehlungen für die Initialphase von Psychotherapien

 

Rahmen

  • Führe längere, emotional beteiligte und in die Tiefe gehende Interviews.
  • Zeige eine Haltung der Zusammenarbeit mit dem Patienten.
  • Spreche über emotionale und verstandesmäßige Inhalte.
  • Nutze eine klare, konkrete und erlebensnahe Sprache.
  • Nutze offene und auf das vom Patienten Vorgebrachte bezogene Fragen.

 

Fokus

  • Gib dem Patienten Raum, über für ihn vorrangige Themen zu sprechen.
  • Exploriere diese Themen aktiv.
  • Schaffe Klarheit über die Ursache des Leidens des Patienten.
  • Identifiziere sich wiederholende Beziehungsthemen.
  • Unterstütze den Patienten dabei, seine Gefühle zu erleben.
  • Erkunde unangenehme Gefühle.
  • Erforsche den Prozess während der Sitzung und die Affekte.
  • Bewahre eine aktive Fokussierung auf diese Dinge.

 

Feedback

  • Überprüfe und erforsche die Bedeutung der Ergebnisse der psychologischen Beurteilung.
  • Ermögliche dem Patienten neue Einsichten.
  • Biete Psychoedukation an, bezogen auf die Symptome des Patienten und den Therapieprozess.
  • Entwickle gemeinsam mit dem Patienten individuelle Behandlungsziele und Aufgaben.
  • Fördere die Motivation des Patienten, sich zu verändern.

Empfehlungen für den Gesamtverlauf der Therapie

 

Supportive Techniken

  • Unterstütze die Anstrengungen des Patienten.
  • Bejahe die Erfahrung des Patienten.                                            
  • Vermittle ein Gefühl von Verstandenwerden und Verbundenheit.
  • Weise auf Therapieerfolge in der Vergangenheit hin.
  • Fördere einen kooperativen Behandlungsprozess.
  • Stärke die Veränderungsmotivation.

 

Explorative Techniken

  • Nutze offene Fragen.
  • Kläre, worunter der Patient leidet.
  • Kommuniziere klar.
  • Fördere Tiefe.                                       
  • Konfrontiere in angemessener, nicht feindseliger Weise.
  • Gib genaue Deutungen.

 

Auf das Erleben und die Affekte fokussierte Techniken

  • Widme dich den Erfahrungen des Patienten.
  • Spiegele die Aussagen und Erfahrungen des Patienten.
  • Unterstütze den Patienten, Gefühle auszudrücken.
  • Erforsche die unterschiedlichen emotionalen Zustände des Patienten.

 

Engagierte und aktive Beziehung                            

  • Zeige aktiv engagiertes Beteiligtsein.
  • Fokussiere auf das Hier und Jetzt der Therapiebeziehung.
  • Sprich über deinen eigenen Beitrag zum Prozess.
  • Gib dem Patienten laufend Feedback.         

Je früher du der Therapiebeziehung volle Beachtung schenkst, desto eher wird sich ein positives Bündnis über den gesamten Therapieprozess entwickeln. Die therapeutischen Haltungen, Strategien und Techniken, die sich positiv auf die Therapiebeziehung auswirken, entstammen unterschiedlichen Therapierichtungen. Daher spricht vieles dafür, dass du am effektivsten sein wirst, wenn du die verschiedenen Aspekte von einsichtsorientierten, erlebnisorientierten, humanistischen und kognitiv-behavioralen Therapiemodellen integrierst.

Wenn du deinen Patienten vor oder nach jeder Sitzung einen kurzen Fragebogen ausfüllen lässt, kannst du deine Behandlungsstrategie korrigieren. „Schlechte Therapeuten können dadurch fast so gut werden wie durchschnittliche Therapeuten, und durchschnittliche Therapeuten werden fast so gut wie die besten Therapeuten“ (Okiishi et al., 2006).

Literatur

Ackerman, S. & Hilsenroth, M. (2003). A review of therapist characteristics and techniques positively impacting the therapeutic alliance. Clin Psychol Rev. 23.

Grawe, K. (2004). Neuropsychotherapie. Bern: Hogrefe.

Hilsenroth, M. & Cromer, T. (2007). Clinician Interventions Related to Alliance During the Initial Interview and Psychological Assessment. Psychotherapy, 44.

Hilsenroth, M., Cromer, T. & Ackerman, S. (2012). How to Make Practical Use of Therapeutic Alliance Research in Your Clinical Work. In: Levy, R., Ablon, J.S., Kächele, H. (Eds.), Psychodynamic Psychotherapy Research. Evidence-Based Practice and Practice-Based Evidence. N.Y.: Humana Press.

Okiishi, J.C., Lambert, M.J., Eggett, D., Nielsen, L., Dayton, D.D. & Vermeersch, D.A. (2006). An analysis of therapist treatment effects: toward providing feedback to individual therapists on their clients' psychotherapy outcome. J Clin Psychol, 62 (9).

Dieser Artikel ist ein leicht veränderter Auszug aus dem Buch "Praktischer Leitfaden der tiefenpsychologisch fundierten Richtlinientherapie" desselben Autors, erschienen im Deutschen Psychologen Verlag.