Zeitmanagement für Berater und Coaches

Viele Coaches und Berater geben alles, um ihren Klienten zu helfen – und schöpfen dabei zu viel von ihren eigenen Kraftreserven. Dabei ist die Zeit unser wichtigstes Gut, das wir nicht nur nutzen, sondern auch genießen sollten. Unsere Autorin Christina Borschel zeigt dir fünf bedeutsame Aspekte, wie du deine Zeit besser einteilen und auf dich achten kannst.

Wer von uns kennt das nicht? Du gibst alles, um deinen Klienten zu helfen und vernachlässigst dabei deine eigene Energie und Kraft. Die meisten von uns haben es: Das Helfersyndrom! Und dann passiert es leicht, (zu) viel zu geben und dabei nicht nur die eigenen Grenzen anzutasten, sondern diese sogar auch manches Mal zu überschreiten. Aber ist es das wert? Sicherlich nicht, denn wenn du „leer“ bist, kannst du auch anderen nicht mehr helfen.
Was kannst du daher für dich selbst tun? Wie kannst du deine Zeit im Sinne eines gesunden Zeitmanagements richtig nutzen?

Aufgrund der Kürze dieses Artikels, der inspirieren statt belehren soll, möchte ich einige wenige, aber bedeutende Aspekte eines gesunden Zeitmanagements aufgreifen und dir zeigen, wie auch du besser auf dich aufpassen kannst.

Antreiber

Ich weiß nicht, was dich antreibt. Bei mir ist es nach 15 Jahren in der Personal- und Führungskräfteentwicklung internationaler Konzerne die Motivation, als Coach und Trainer zur Gesunderhaltung anderer Menschen beizutragen. Und wenn einer von ihnen ruft, dann bin ich da. So weit, so gut.

Dem geneigten Leser stellt sich sicherlich die Frage, wie es dann mit meiner eigenen Gesunderhaltung aussieht? Arbeiten beinahe rund um die Uhr, trägt das dazu bei? Habe ich dann wirklich noch die Kraft, meiner Zielgruppe auf den Punkt relevante Dinge zu vermitteln? Sicherlich nicht.

Ich kann nur empfehlen, dass wir uns selbst reflektieren und unserer eigenen Antreiber bewusst werden. Und sollten sie uns Stress bereiten, dann heißt es, sie effektiv anzugehen. Zielführend ist hierbei die Überlegung, wie mein neues und stressfreies Denk- und Verhaltensmuster aussehen soll. Und dieses dann konsequent in den Alltag zu integrieren. Eine meiner neuen Gewohnheiten ist zum Beispiel, dass ich auch mein Smartphone zum Feierabend ausschalte. Ich lade seitdem meinen Akku in meiner Freizeit viel besser auf und bin am nächsten Morgen wieder mit Energie für meine Klienten erreichbar – win-win für alle Beteiligten!

Der Perfektionismus und das Pareto-Prinzip

Ein weit verbreiteter Antreiber ist der Perfektionismus. Hast du dir schon mal vor Augen geführt, wieviel Zeit es dich kostet, wenn du dich zu stark im Detail verlierst? Das Pareto-Prinzip besagt, dass 20% der Aktivität schon 80% des Ergebnisses bringt. Von einer solchen gelungenen 80/20-Ausrichtung kann bei Perfektionismus sicherlich nicht mehr die Rede sein - bzw. schon, aber falsch herum: Ich verpulvere 80% meiner Zeit für 20% Output. Nicht sehr effektiv! Und wie gut könnte ich diese Zeit in andere Aktivitäten verlagern – Zeit, die mir ansonsten fehlt und für die ich mir dann 80 Stunden-Tage wünsche! Hier gilt also: Manchmal ist weniger mehr. In vielen Situationen kann ich mich bewusst dafür entscheiden, ob 80% reichen (und ich Zeit spare) oder ob ich mehr Zeit und Energie in die 100% aufwenden möchte.

Zeitfresser

Antreiber wie der Perfektionismus sind richtige Zeitfallen, die dir ein Bein stellen können. Es gibt aber auch andere Zeitdiebe, die dich deiner Zeit berauben. Hier gilt es achtsam zu schauen, welche Zeitdiebe und –fallen sich bei dir zeigen.

Typische digitale Zeitdiebe unserer Zeit sind Smartphones. Und damit eine ständige Erreichbarkeit, die uns immer wieder bei unserer Konzentration stört - oder aber bei manchen Menschen sogar zu dem Suchtverhalten führt, minütlich die Nachrichten zu checken. Dies sind nur zwei Beispiele dafür, wie Smartphones die zielführende und effektive Nutzung unserer Zeit immens stören können.

Zeitdiebe können auch andere Menschen sein, z.B. Menschen, die ohne Ende plaudern, immer wieder dieselbe Frage stellen oder immer wieder um Unterstützung fragen - obwohl sie sehr gut alleine zurechtkommen würden.

Auch mal „nein“ sagen können

Zeitdiebe klauen uns die Zeit, die wir eigentlich gerade für andere Aufgaben und Aktivitäten brauchen. Bittet mich zum Beispiel eine Kollegin um Unterstützung und fragt eine Supervision an, so mache ich dies gerne. Wichtig ist dabei nur, dass der Zeitpunkt für mich passend sein muss. Habe ich gerade ein Projekt mit höchster Priorität zu erledigen und ich sage ihr dennoch für jetzt zu, ist Ärger vorprogrammiert. Hier wirkt mein Antreiber, „nicht nein sagen zu können“ als Zeitfalle.

Wie ich dieser Situation erfolgreich entgegen wirken kann? Optimaler Weise heißt es: „Ja, ich helfe Dir gern. Heute passt es allerdings nicht aufgrund eines wichtigen Projekts. Wie schaut es daher bei Dir in zwei Tagen aus?“ Auf den Punkt gebracht lautet die Antwort nicht „nein“, sondern „ja, aber...“.

Eigentlich ganz einfach! Wie siehst du es? Nicht wirklich einfach? Interessant!

Jedes „eigentlich“ beinhaltet auch ein „uneigentlich“ – was ist es bei dir? Was würde dich daran hindern, die Aufgabe anzunehmen? Hier heißt es, sich aktiv und selbstkritisch zu reflektieren. Und dann den neuen Erkenntnissen auch Taten folgen zu lassen. Das heißt, z.B. die Aufgabe anzunehmen, wenn ich sie wirklich umsetzen möchte und die Zeit dafür habe, oder eben mit gutem Gefühl „nein“ zu sagen, anstatt im weiteren Verlauf Ausreden für die Nichtumsetzung zu finden.

Prioritäten

Zu dieser Thematik kann ich mich immer fragen: „Bringt mich das, was ich jetzt gerade tue, wirklich meinem Ziel näher?“ An dieser Leitfrage kann ich mein Tun jeden Tag aufs Neue ausrichten! Dieser Spruch steht übrigens auf meinem Schreibtisch - es ist so einfach, sich zu verzetteln.

Beantworte ich während meiner Arbeit diese zentrale Leitfrage mit einem „nein“, dann ist das ein Hinweis dafür, schnell diese Tätigkeit zu  beenden und meine Konzentration wieder auf die wirklich wichtigen Dinge zu fokussieren.

Dabei ist die Frage oftmals gar nicht so einfach zu beantworten: Viele von uns Beratern und Coaches sind im Alleingang tätig. Da können sich auch schon mal Scheuklappen entwickeln. Wie häufig würde ich mir gerne ein objektives Feedback von Kollegen wünschen.

Erschwert wird diese Betrachtung auch dadurch, dass wir uns als Selbstständige nicht nur am Kern unseres Wirkens, also unseren Klienten, ausrichten. Nein, es warten auch noch „spannende“ Verwaltungsaufgaben wie die Buchhaltung. Und auch die Akquise erledigt sich nicht immer von allein durch ein funktionierendes Empfehlungsmarketing. An der Stelle kann es hilfreich sein, kleine und dennoch wichtige Aufgaben der Verwaltung zu bündeln und effektiv en bloc zu bearbeiten.

Ich hoffe, dass ich dir mit diesem Artikel wertvolle Impulse für deine Selbstreflexion gegeben habe. Schaue achtsam, wie es sich bei dir verhält und richte dich danach neu aus.

Nutze – und genieße - deine Zeit. Sie ist eins deiner wertvollsten Güter!

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