6 Tipps, um deinen Prüfungsfall zu schreiben

Sorgenvoll schauende Frau stützt den Kopf in die Hände

Du willst dich für die Prüfung anmelden? Dann wartet eine der letzten Herausforderungen deiner praktischen Ausbildung auf dich: die Prüfungsfälle. Wir haben 6 Tipps für dich, wie du Prüfungsfälle schreibst, mit denen du dich wohlfühlst und die bei den Prüfer:innen einen guten Eindruck hinterlassen.

Du hast die 600 Stunden deiner praktischen Ausbildung geschafft und möchtest dich für die Approbationsprüfung anmelden? Dafür benötigst du u. a. zwei Prüfungsfälle, deren Behandlung du schriftlich darstellst. Diese Prüfungsfälle sind zudem zentraler Bestandteil deiner mündlichen Prüfung. Du zeigst mit ihnen, dass du in der Lage bist, selbstständig therapeutisch zu arbeiten und dein erworbenes Wissen auch praktisch anzuwenden. Dazu gehört zum Beispiel, dass du in der Lage bist, eine gute Diagnostik zu machen, Therapieindikation zu stellen, Behandlungstechniken anzuwenden und deine Therapien zu evaluieren und zu reflektieren.

In der Vorbereitung und in der mündlichen Prüfung beschäftigst du dich also noch mal intensiv mit deinen zwei ausgewählten Fällen. Die Falldokumentation ist zudem der erste Eindruck, den du bei deinen Prüfer:innen hinterlässt. Es lohnt sich also, bei der Auswahl und beim Schreiben deiner Prüfungsfälle auf ein paar Aspekte zu achten.
 

1. Wähle einen Fall, mit dem du dich gerne beschäftigst

Im Rahmen deiner praktischen Ausbildung hast du einige Fälle behandelt. Welchen davon wählst du nun für die Prüfung aus? Prinzipiell kannst du jeden Fall als Prüfungsfall nehmen, egal ob Kurz- oder Langzeittherapie, schwieriger Therapieverlauf oder -abbruch. In manchen Instituten gibt es allerdings spezifische Empfehlungen zur Wahl der Prüfungsfälle, z. B. dass die Behandlung eine bestimmte Mindeststundenzahl umfasst oder die Abschlussdiagnostik eine deutliche Verbesserung der Symptomatik abbildet. Es lohnt sich also, im eigenen Institut nachzufragen, ob es solche Empfehlungen gibt.

Die Autor:innen des „Repetitoriums“, Kandale und Rugenstein (2022), empfehlen, Fälle auszuwählen, die retrospektiv eine gewisse Relevanz für dich hatten, die z. B. etwas mit dir gemacht haben oder bei denen du etwas gelernt hast. Du solltest Fälle auswählen, mit denen du dich gerne beschäftigst – denn du wirst noch etwas Zeit mit ihnen verbringen.

Eine Person blättert durch Akten.

2. Sei mutig, deinen Fall neugierig zu reflektieren

Bei der Auswahl deiner Prüfungsfälle stellst du dir vielleicht auch die Frage: Macht es Sinn, „auf Nummer sicher zu gehen“ und einen Fall auszuwählen, bei dem „alles gut“ verlaufen ist? Oder kannst du auch etwas mutiger sein und einen Fall auswählen, der herausfordernd war? Kandale und Rugenstein (ebd.) sagen ganz klar: es geht nicht darum, einen perfekten Fall darzustellen. „Eine gute Therapeutin zeigt sich nicht darin, dass sie keine Fehler macht, sondern darin, dass sie neugierig auf ihre ‚Fehler‘ ist und mit diesen umzugehen versteht“ (S. 425). Du solltest also in der Lage sein, deinen Fall differenziert darzustellen und zu diskutieren. Wenn du unsicher bist, besprich mit deinen Supervisor:innen, ob sich deine gewünschten Fälle als Prüfungsfälle eignen.

 

3. Wecke Interesse bei deinen Prüfer:innen

Deine Prüfungsfälle sind der erste Eindruck, den du bei deinen Prüfer:innen hinterlässt. Diese lesen im Rahmen ihrer Tätigkeit sehr viele Dokumentationen! Das solltest du im Hinterkopf behalten. Auch die Prüfer:innen entwickeln beim Lesen ein größeres Interesse, wenn die Falldarstellung sie neugierig macht, z. B. weil es unerwartete Wendungen oder Schwierigkeiten gab. „Zu glatte Dokumentationen“ bieten den Prüfer:innen ggf. wenig Möglichkeiten für Diskussion. Eine Falldarstellung, in der auch Herausforderungen beschrieben werden, ermöglicht den Prüfer:innen hingegen, Fragen zu stellen und mit dir ins Gespräch zu kommen.
 

4. Orientiere dich beim Schreiben an Best-Practice-Beispielen

Bei Aufbau und Gliederung deiner Fallberichte kannst du dich grundsätzlich an den Berichten an den Gutachter orientieren. Darüber hinaus hat jedes Institut individuelle Anforderungen und Herangehensweisen in der Gestaltung der Falldokumentationen. Schau dir daher in jedem Fall die Gliederungshinweise deines Instituts an und lese dir auch Fallberichte von Kommiliton:innen, die die Prüfung bereits bestanden haben, durch. Damit bekommst du ein gutes Gefühl dafür, wie in deinem Institut die Prüfungsfälle geschrieben werden und was sie beinhalten.

Eine Frau strickt mit roter Wolle.

5. Achte auf den roten Faden

Beim Schreiben deiner Prüfungsfälle sollte dir bewusst sein: du wirst niemals den gesamten Therapieverlauf oder alle Facetten deines Falls darstellen können. Ähnlich wie beim Bericht an den Gutachter solltest du dich daher auf einen roten Faden besinnen. „Die Kunstfertigkeit besteht in der Reduktion auf das Wesentliche“, raten Kandale und Rugenstein (ebd., S. 425). Du kannst den Behandlungsverlauf z. B. chronologisch nach Therapiephasen oder nach den Therapiezielen bzw. Themen deiner Patient:innen ordnen. Wähle individuell, welcher Aufbau dir am besten hilft, einen roten Faden beizubehalten und dich auf die wesentlichen Aspekte deines Falls zu konzentrieren.

 

6. Sprich deinen Fall mit anderen durch

Wenn du deine Dokumentation fertig geschrieben hast, lies sie dir selbst ein- bis zweimal laut vor oder lasse sie dir von deinem Schreibprogramm vorlesen. So findest du selbst kleinere Fehler oder Unstimmigkeiten. Lasse deine Falldokus auch von Kommiliton:innen lesen: Ist für sie alles schlüssig? Wo haben sich beim Lesen Fragen ergeben? Deine Kommiliton:innen können dir hilfreiche Hinweise darauf geben, wo du ggf. noch mal nachbessern musst. Du bekommst zudem schonmal eine Idee, welche Fragen im Rahmen der mündlichen Prüfungen von Seiten der Prüfer:innen aufkommen könnten. Besprich deine Falldokumentationen schließlich auch mit deinen Supervisor:innen. Investiere ggf. ein paar Supervisionsstunden, um deine Prüfungsfälle durchzusprechen. So fühlst du dich bestmöglich auf deine mündliche Prüfung vorbereitet.

Viele der hier dargestellten Tipps sind der neuen, erweiterten und überarbeiteten Auflage des „Repetitoriums“ entnommen. Dort findest du weitere Hilfestellungen rund um deine Approbationsprüfung.

 

Zum Weiterlesen:

Kandale, M. & Rugenstein, K. (2022). Das Repetitorium - Lehr- und Lernbuch für die Approbationsprüfung Psychotherapie. 4., erweiterte und überarbeitete Auflage. Berlin: Deutscher Psychologen Verlag.