Entspannt lernen für die schriftliche Approbationsprüfung
Du möchtest mit dem Lernen für die schriftliche Approbationsprüfung anfangen, aber fühlst dich vom Umfang der Inhalte überwältigt? Du fragst dich, wo du anfangen sollst und wie das mit dem Lernen überhaupt noch mal ging? Dann geht es dir wie mir vor ein paar Monaten!
Im Januar war es so weit: 600 Praxisstunden waren geschafft, alle Fallberichte geschrieben und die Akten abgegeben. Meine Prüfungsanmeldung war auf dem Weg zum LPA und der Termin für die schriftliche Approbationsprüfung lag noch 3 Monate entfernt – 3 Monate und ganz schön viel Lernstoff! Ich wollte mit dem Lernen loslegen, hatte mich mit Karteikarten und Textmarkern eingedeckt und ein Prüfungsvorbereitungsseminar an meinem Institut besucht. Doch als ich zum ersten Mal vor meinen neuen Lernmaterialien saß, fühlte ich mich überwältigt: Wo fange ich überhaupt an? Und wie ging das nochmal mit dem Lernen?
Klar ist: Eine Prüfung ist eine aufregende Sache - vor allem wenn es die letzte große Hürde einer langen, zeit- und kostenintensiven Ausbildung ist! So ganz entspannt bleiben kann man dabei wohl nicht. Dennoch war es mir wichtig, eine Balance zu finden zwischen guter Vorbereitung und gleichzeitig ausreichend Zeit für anderes (Arbeiten, Freunde treffen, Freizeit und – ganz besonders wichtig in Prüfungszeiten: Selbstfürsorge).
Im Folgenden möchte ich 6 Tipps mit dir teilen, die mir beim Lernen für die schriftliche Approbationsprüfung geholfen haben. Beachte dabei: Jede:r lernt anders, benötigt unterschiedlich viel Vorbereitungszeit oder kann auf ein anderes Maß an Erfahrungen (mit bestimmten Methoden, Störungsbildern usw.) zurückgreifen. Hör daher auch auf dich, was für ein Lerntyp du bist und welche Tipps sich für dich stimmig anfühlen.
1. Prüfungen simulieren
Ich habe das Lernen eher unkonventionell begonnen: Ich habe zunächst eine Prüfung simuliert. In Lernportalen (z. B. von DPtV oder DGTV) findest du eine große Sammlung alter Prüfungsfragen sowie ganze Prüfungen, die du kreuzen kannst. Du bekommst ein Ergebnis, wie viel Prozent der Aufgaben du richtig gemacht hast und auch, ob du bestanden hättest. Beim Lernportal von DPtV bekommst du sogar eine Note.
Mir hat es total geholfen, ein Gefühl für die Prüfungen zu bekommen: Wie sind sie aufgebaut? Worauf muss ich beim Beantworten der Fragen achten (Verneinungen, Mehrfachantworten)? Wie viele Fragen kann ich schon beantworten, ohne gelernt zu haben?
Wenn du regelmäßig Prüfungen simulierst, siehst du auch deinen Lernerfolg. Du wirst nach und nach merken, wie du immer mehr weißt und sicherer wirst. Daher empfehle ich, mit dem Simulieren von Prüfungen nicht bis zum Ende zu warten, sondern regelmäßig zwischendurch eine Prüfung zu machen. Genug Altprüfungen gibt es auf jeden Fall!
Tipp: Die zwei aktuellsten Prüfungen habe ich mir bis ganz zum Ende aufgehoben und diese kurz vor meiner Prüfung, sozusagen als Generalprobe, gekreuzt. Wenn du die Prüfung unter „Realbedingungen“ mit Stift und Papier machen möchtest, kannst du dir beim IMPP einen Musterantwortbogen herunterladen.
2. Prioritäten setzen
Durch das Kreuzen der alten Prüfungen habe ich einen guten Eindruck davon bekommen, welche Themengebiete mir liegen und wo ich noch Schwachstellen habe.
Im Repetitorium (und äquivalent in den Lernportalen) finden sich folgende Themenbereiche:
- Psychologische Grundlagen (z. B. Statistik, Psychotherapieforschung, Diagnostik, Prävention und Rehabilitation)
- Rahmenbedingungen (z. B. Ethik, Berufsrecht, Dokumentation und Evaluation)
- Medizinische Grundlagen (z. B. Neurologie, Psychophysiologie, unterschiedliche Organe und deren Erkrankungen)
- Pharmakologische Grundlagen (Psychopharmaka und psychotrope Substanzen)
- ICD-10
- Verhaltenstherapie
- Psychodynamische Psychotherapie
- Systemische Therapie, Gesprächspsychotherapie
- Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie
- Besondere Problemfelder (Arbeit mit älteren Menschen, Krisen)
Anstatt chronologisch das Repetitorium durchzuarbeiten (siehe Punkt 3), habe ich mir auf Grundlage meiner Bestandsaufnahme Prioritäten fürs Lernen gesetzt: Zunächst habe ich v. a. die Themenbereiche gelernt, in denen ich bisher am wenigsten Fragen richtig beantworten konnte. Erst später habe ich mir dann die Themen angeschaut, in denen ich mich ohnehin schon sicherer fühlte. Wo siehst du deine Stärken? Und wo hast du noch „Schwachstellen“?
3. Zwei Bücher, die helfen: Repetitorium und ICD-10
Es gibt sicherlich viel Literatur, die du lesen könntest, um dich auf die Prüfung vorzubereiten. Ich habe zwei Bücher als völlig ausreichend empfunden: das Repetitorium von Miki Kandale und Kai Rugenstein (in der 4., überarbeiteten Auflage, die ausführlicher die systemische Therapie beinhaltet) sowie den Taschenführer zur ICD-10. Wie bereits geschrieben, habe ich das Repetitorium (und auch den Taschenführer) nicht chronologisch durchgearbeitet, sondern mir immer die entsprechenden Themenbereiche rausgepickt, die für mich gerade „dran“ waren. Für mich hat es sehr gut funktioniert, das jeweilige Kapitel zunächst durchzulesen (und mir ggf. einzelne Stichworte auf Karteikarten rauszuschreiben) und die Inhalte danach durchs Kreuzen und Durchsprechen zu wiederholen und zu vertiefen.
4. Kreuzen, kreuzen, kreuzen
Das Kreuzen von Fragen war für mich ein Game Changer, denn es hat mich total motiviert! Für ein paar Fragen zwischendurch hatte ich immer etwas Zeit und Energie übrig - selbst an Tagen, an denen ich mich sonst zu nichts aufraffen konnte oder länger arbeiten musste.
Tipp: Falls du längere Bahnfahrten oder andere Wartezeiten vor dir hast: Die Lernportale bieten auch Appversionen fürs Handy an, mit denen man unterwegs Fragen kreuzen kann.
Die Fragen sind auch eine gute Möglichkeit, das bereits gelernte Wissen zu testen und zu verfestigen (z. B. nachdem du das entsprechende Kapitel im Repetitorium gelesen hast). Vielleicht kannst du dich danach zufrieden zurücklehnen, weil du merkst, dass du zu dem Thema jetzt schon viel mehr Fragen beantworten kannst als vorher. Vielleicht merkst du aber auch, welche Aspekte du dir doch noch mal genauer anschauen solltest.
5. Geteiltes Leid ist halbes Leid
Darüber hinaus habe ich mich regelmäßig mit einer Kommilitonin getroffen, die auch für die Prüfung gelernt hat. Gemeinsam Lernen schweißt zusammen! Wir haben jeweils ein Kapitel im Repetitorium festgelegt, welches wir bis zum nächsten Treffen lesen wollten. Das gemeinsame Durchsprechen (Beispiele aus der Praxis finden, Verständnisfragen klären) hat sehr dabei geholfen, das Wissen zu vertiefen und in unmotivierten Phasen trotzdem dranzubleiben.
Es hat außerdem gutgetan, sich über das Lernen und die anstehende Prüfung auszutauschen, sich gegenseitig zu validieren, zu beruhigen und zu ermutigen. Noch schöner war es dann, gemeinsam zur Prüfung zu gehen und zu bestehen! Wir haben uns schon Wochen vorher ausgemalt, wie wir es bald geschafft haben und dann feiern werden.
6. Merke: Du kannst nicht alles lernen
…und das ist ok! Beim Durchgehen des Repetitoriums und beim Kreuzen der alten Prüfungen wirst du merken: Das ist alles ganz schön viel! Viele kleinteilige Methoden, Theorien, Modelle und Details, die man lernen könnte. Hab nicht den Anspruch, bei der Prüfung alles zu wissen. Selbst wenn du dich super vorbereitet hast, kann bei der Prüfung dennoch irgendein Detail abgefragt werden, das du vorher nicht gelernt hast.
Ich habe mich bei einzelnen Aspekten daher ganz bewusst für den „Mut zur Lücke“ entschieden und in Kauf genommen, dass ich einen Punkt weniger bekommen würde, falls das Thema drankäme (Spoiler: ist nicht drangekommen… dafür andere Themen, die ich nicht auf dem Schirm hatte. Aber das ist genau der Punkt, denn: Es war nicht ausschlaggebend, da ich in der Breite der Themen gut aufgestellt war).
Beim Kreuzen der alten Prüfungen wirst du ein Gefühl dafür bekommen, welche Themen besonders gerne gefragt werden. Auch im Repetitorium sind die Punkte, die besonders prüfungsrelevant sind, hervorgehoben. Setze also deine Prioritäten an den richtigen Stellen. Mein Credo für die Prüfung war: „Ich will mich so vorbereiten, dass ich mit einem sicheren Gefühl in der Prüfung sitze“. Für mich persönlich waren das nicht 100 Prozent, sondern eher so 80 Prozent, um dafür etwas entspannter zu bleiben und mehr Zeit für anderes zu haben - hallo, Pareto Prinzip! Das hat für mich am Ende super geklappt. Wie sieht deine persönliche Balance aus?
Ich wünsche dir viel Erfolg beim Lernen! Und wenn du dann noch Tipps suchst, wie du auch während der Prüfung entspannt bleiben kannst, dann schau bei unserem Artikel "Die Approbationsprüfung meistern: In 10 Schritten zum Erfolg" vorbei.
Zum Weiterlesen
Das Repetitorium ist im Deutschen Psychologen Verlag erschienen (zu dem auch psylife.de gehört).