3 Ideen, wie Kunsttherapie dich in deiner Selbstfürsorge unterstützen kann

Eine Frau mit langen roten Haaren in einem Kleid hält einen Schwung Pinsel vor sich in den Händen.

Wo bleiben wir mit unseren Gefühlen, wenn die Arbeitsbelastung zu hoch wird? Wie können wir aufräumen, Klarheit schaffen, den Geist zu einem gemütlichen Ort machen? Kunsttherapeutische Methoden eignen sich hervorragend zur Selbstfürsorge und Psychohygiene. Ich zeige dir 3 konkrete Übungen und verrate dir, ob du dafür Künstler:in sein musst.

Seit 15 Jahren bin ich therapeutisch tätig. Ich arbeitete viele Jahre als Therapeutin und Geschäftsführerin in einer Frauenberatungsstelle gegen Gewalt. Diese vielseitige und anspruchsvolle Arbeit brachte mich oft an Grenzen. Am Anfang gelang es mir nie, richtig abzuschalten, und mit der Zeit gab es immer wieder Momente, in denen ich dachte: „Lieber züchte ich Tomaten!“.

 

Kreativität und Humor sind für uns alle unerlässlich

Um die Gewaltgeschichten von der Arbeit nicht mit nach Hause zu nehmen, malte ich intuitiv - selbst vor meiner Ausbildung zur psychoanalytischen Kunsttherapeutin. Ich malte oft nach der Sitzung mit einer Klientin: die Wut, Ohnmacht und Verzweiflung. Das tat gut! Es blieb alles auf dem Papier und ich machte mental Feierabend.

Inzwischen praktiziere ich als selbstständige Kunsttherapeutin. Mit dem breiten Spektrum der Kunsttherapie und der bildASet-Methode unterstütze ich Menschen in deren Auseinandersetzung mit ihrem Leben. Mit verschiedenen gestalterischen Techniken und einem tollen Netzwerk von Kolleg:innen in den Sozialen Medien verbreiten wir die Wichtigkeit der Kunsttherapie als Präventionsmaßnahme für die psychische Gesundheit.

Mir ist bewusst, was es bedeutet, als Therapeut:in präsent zu sein. Allerdings sind auch wir Therapeut:innen nur Menschen mit eigenen Lebensgeschichten. Die regelmäßige Auseinandersetzung mit unserem Inneren besteht im Hintergrund des therapeutischen Settings stets weiter.

Ich vergleiche Therapeut:innen gerne mit den Wurzeln eines Baumes: Sind diese gesund, dann wächst er. Der Baum steht für unsere Klient:innen und Patient:innen. Faule Wurzeln bringen nichts zum Wachsen, deswegen ist Psychohygiene für uns und auch für die Klient:innen so wichtig. Wo bleiben wir mit unseren Gefühlen, wenn die Arbeitsbelastung zu hoch wird? Wie können wir aufräumen, Klarheit schaffen, den Geist zu einem gemütlichen Ort machen? Psychohygiene bedeutet die tägliche Pflege des Geistes. Kreativität aktiviert diese Pflege und erlaubt die Fürsorge.

Eine Frau hockt in einer Gärtnerei lächelnd vor einem Tomatenstrauch.

Durch Kunst kommunizieren wir Gefühle

„Ich kann nicht malen.“ – sagen fast alle Erwachsenen. Ein Kind hingegen fängt ohne nachzudenken einfach an. Leider werden wir spätestens in der Schule, manchmal sogar schon im Kindergarten, durch die Erwachsenen mit Zweifel und Kritik konfrontiert. Wir haben verlernt, verdrängt und vergessen, wie man malt. Dabei steckt in jeder und jedem von uns kreatives Potenzial.

Kunsttherapie ermöglicht die nonverbale Verarbeitung von Emotionen. Nicht ausgesprochene Gefühle und Gedanken zeigen sich durch den Malprozess auf dem Papier. Dabei kommt es weniger auf Kunstverständnis oder „Können“ an, sondern um freies Gestalten. Durch die künstlerische Arbeit mit unterschiedlichen Farben und Materialien begegnen wir uns selbst unbewusst wieder. Der Mal- und Gestaltungsprozess erlaubt es, Emotionen und Grenzen zu visualisieren sowie zu analysieren.

Die Kunsttherapie besitzt nicht nur eine Bedeutung als Therapieform in stationären Bereichen wie Kliniken, sondern entlastet die Psyche, bevor der Alltagsstress zu groß wird. Es ist mir sehr wichtig zu betonen, wie hilfreich und präventiv die ambulante Kunsttherapie als Selbsterfahrungs- und Reflexionsform ist, daher möchte ich dir heute 3 kunsttherapeutische Übungen zeigen, die du direkt umsetzen kannst. Sie eignen sich für Kolleg:innen und alle, die etwas für ihre kreative Selbstfürsorge tun wollen.

 

1. Jeden Tag ein bisschen mehr

Räume zuhause oder in der Praxis deinen Schreibtisch auf. Lege dir ein Heft oder Zeichenblock zu und lasse es geöffnet. Nimm dir ein paar Farben. Alles sollte griffbereit bleiben. Jeden Tag, wenn du genervt, erschöpft oder unruhig wirst, male 1-2 Minuten. Male etwa die Nervosität, die Erschöpfung, die Unruhe. Wie sehen sie aus? Welche Farbnuancen haben sie? Diese Gefühle bzw. Zustände lassen sich auch mithilfe von Symbolen, Formen und Figuren darstellen. Sei frei in deiner Fantasie. Male in kleinen Schritten. Nach ein paar Tagen oder Wochen ist das Bild fertig und du darfst stolz darauf sein!

Auf einem Schreibtisch steht eine Tasse mit Kaffee, daneben liegen Block und ein schwarzer Stift. Auf dem Block ist ein abstraktes Gesicht gezeichnet.

2. Blind malen: Gib deiner Emotion ein Gesicht

Die Augen schließen, den Verstand ausschalten und nur auf das Herz hören. Wenn du die Augen schließt, hat dein Verstand keine Kontrolle mehr. Daher kann es spannend sein, mit geschlossenen Augen zu malen. Versuche, diese Übung innerhalb von einer Minute durchzuführen. Denn der Verstand ist bald wieder aktiv.

 

Mach die Übung am Abend unter folgenden Aspekten:

  • Was hat dich tagsüber begleitet?
  • Welche Emotionen sind dabei entstanden?

Nun versuche, ein Gesicht deiner Emotion zu zeichnen. Das Bild verrät dir mehr über dein Wohlbefinden.

 

Alternativ kannst du am Morgen noch ein wenig im Bett bleiben. Nimm dir einen Stift und stelle dir folgende Fragen:

  • Wie hast du geschlafen?
  • Wovon hast du geträumt?
  • Wie ist deine aktuelle Emotion?

Dann zeichne ein Gesicht. Mache daraus ein Spiel! Sei neugierig! Wie wird dich das gezeichnete Gesicht gleich ansehen? Probiere es aus.

 

3. Zwei Farben begegnen sich

Wähle für diese Übung zwei Farben aus, ohne viel nachzudenken. Beginne, mit der ersten Farbe zu malen und prüfe nach Gefühl, wann du bereit bist, die zweite Farbe dazu zunehmen. Versuche dich auf die Bewegungen deiner Hand zu konzentrieren und nicht unbedingt darauf, was auf dem Blatt Papier entsteht. Das, was sich offenbart, betrachtest du später. Du darfst die Augen auch schließen und weitermalen. Wenn du das Gefühl hast, das Bild ist fertig, stelle dir folgende Fragen:

  • Wenn du dir vorstellst, dass hier eine Begegnung dargestellt wird: Welche Beziehungen zu anderen Menschen möchtest du hier betrachten? Dies kann sowohl im privaten als auch im beruflichen Kontext sein.
  • Wie interagieren die Farben auf dem Papier? Ist dies ein Beispiel für Konfrontation oder Harmonie? Fließen sie frei und ungehindert, oder sind sie auch getrennt voneinander?
  • Gefällt dir die Komposition aus diesen beiden Farben?

Übertrage diese Fragen in deine jetzige Situation:

  • Welche Farbe passt gerade zu welchem Thema?
  • Existieren Konflikte in deinem Leben?
  • Kannst du deine Grenzen erkennen und Grenzen setzen?
Eine Frau mit langen Haaren und rosa Pulli sitzt und hält ein aufgeschlagenes Zeichenbuch auf ihren Knien, in das sie mit Buntstiften malt.

Notiere dir deine Gedanken und Gefühle. Durch diese kreative Übung kannst du mehr Klarheit darüber gewinnen, wie du mit einer Situation, die dich vielleicht beunruhigt, am besten umgehen möchtest.

Alle 3 Übungen führen dich zu einer intuitiven und unbewussten Art, sich mit dir selbst zu beschäftigen. Deshalb achte darauf, was dir dein Unbewusstes durch das Bild sagen kann. Betrachte die Figuren, Formen und Farben, die sich entwickeln. Sei neugierig, mutig und vertraue, dass du genug Ressourcen hast, um das zu erkennen.

Durch kreative Tätigkeiten wie die vorgestellten Übungen entlasten wir täglich die Psyche von ihren Lasten und sorgen für eine gute Balance im Alltag.