Kunsttherapie für Menschen, die Babies machen

Kasten mit Wassermalfarbe, eine Hand taucht den Pinsel in die grüne Farbe

Die Gründung einer Familie hinterlässt weitreichende Veränderungen, die akzeptiert und integriert werden müssen. Werden Unsicherheiten zu groß oder treten Beschwerden auf, gelingt dies nicht immer gut oder von alleine. Kunsttherapie kann helfen, einen Ausdruck zu finden und Handlungsfähigkeit zurückzugewinnen.

Es gibt wenige Phasen im Leben, die so intensiv und elementar sind, wie die Zeit rund um die Gründung einer Familie. Neben körperlichen und hormonellen Veränderungen ist die psycho-emotionale Anpassungsleistung enorm. Auf dem Verständnis für die besonderen Herausforderungen und Umstellungen liegt der Fokus meiner Arbeit. Ich begleite kunsttherapeutisch Menschen auf ihrem Weg, Familie zu werden und diese Übergangszeit für sich aktiv und gut zu gestalten.

Ich bin selbst Mutter von drei Kindern. Insofern habe ich die Prozesse am eigenen Leib erfahren und erfahre sie immer noch. Denn Familie ist dynamisch und per se geprägt von stetigen Veränderungen. Durch meine eigenen Schwangerschafts- und Geburtsgeschichten sowie den engen Kontakt zu anderen Müttern und Familien wurde ich bereits kurz nach meinem Studienabschluss darauf aufmerksam, dass es in diesem Bereich einen großen Bedarf an therapeutischen Angeboten gibt, um diese elementare Lebensphase gut zu bewältigen. Da mir selbst das Kunstschaffen sehr dabei geholfen hat, mir in diesen besonderen Zeiten vieler Dinge klar zu werden, und es mir Momente der Ruhe geschenkt hat, war für mich als Kunsttherapeutin die Idee für “#arttherapy for people who make babies” schnell geboren.

Links eine Zeichnung von einem Uterus und rechts eine Collage mit einem Selbstportrait von Hannah Elsche.

Die Anliegen sind so individuell wie das Elternwerden

Die Anliegen meiner Klient*innen sind ganz unterschiedlich. Sie können ebenso mit hoffnungsvollem oder unerfülltem Kinderwunsch zusammenhängen wie mit dem Erleben einer Schwangerschaft. Auch die individuellen Geburtserfahrungen, die als überraschend, belastend, traumatisch aber auch wunderschön erlebt wurden, wollen verarbeitet, manchmal festgehalten und nachgespürt werden. Dazu kommen Menschen nach Verlusterfahrungen: Sie haben frühe Fehlgeburten oder stille Geburten erlebt oder befinden sich in einer Folgeschwangerschaft. Auch Eltern, die sich nach einer Pränataldiagnostik für oder gegen einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden müssen, melden sich bei mir. Sie haben den Wunsch nach Klarheit, wollen Abschied nehmen oder die Zeit für sich festhalten. Manchmal tauchen in dieser Lebensphase auch (psychische) Erkrankung auf oder waren schon immer da und wollen begleitet werden. Aber auch der oft lange, als sehr individuell erlebte Weg des Elternwerdens, der mit so vielen wechselhaften, oft ambivalenten Gefühlen verbunden sein kann, spielt eine große Rolle.

Viele Frauen und auch ihre Partner*innen benötigen hier Raum, Verständnis und Zeit diesen Veränderungen und Fragen zu begegnen.
 

Einen Zugang zur Gefühlswelt schaffen

In der Fachsprache wird dieser Arbeitsschwerpunkt gynäkologische Psychosomatik genannt. Ich beschäftige mich also von meinem tiefenpsychologisch fundierten, kunsttherapeutischen Hintergrund aus mit speziellen gynäkologischen und geburtshilflichen Problembereichen. Wobei die Arbeit klient*innenzentriert ist und immer Aspekte mit sich bringt, die weit darüber hinausgehen.

Als Kunsttherapie wird die therapeutische Anwendung von Kunst bezeichnet. Die tiefenpsychologisch fundierte Kunsttherapie ist eine Therapieform, die nonverbal über den Weg der künstlerischen Gestaltung Zugang zur inneren Gefühlswelt herstellen und positiven Einfluss auf das persönliche Befinden nehmen kann.

Dadurch wird Klient*innen ermöglicht, ihre bewussten und unbewussten Konflikte wahrzunehmen, zu bearbeiten und zu integrieren, wofür Sprache manchmal nicht ausreicht. Gefühle können so sichtbar gemacht und ein Umgang mit ihnen gefunden werden.

Links Zeichnung einer Schwangeren und rechts schwarze Kreise aus einer Buchseite.

Ängsten, Bedürfnissen und Wünschen einen Raum geben

Die Kunst ist Medium, Ausdrucksmöglichkeit und der Weg einer Ver- und Bearbeitung. Sie dient der Stärkung des Ichs und wirkt stabilisierend und entspannend.

Auf diese Weise hilft sie dabei, Ängsten notwendigen Raum zu geben und sie zu bearbeiten. Auch den oftmals erlebten Autonomie- bzw. Kontrollverlusten durch beispielsweise Komplikationen in der Schwangerschaft oder die anfangs symbiotische Beziehung zum Baby kann sie entgegenwirken und Ordnung in unbewusste Vorgänge bringen. Sie ist dabei ressourcenaktivierend, zeigt Stärken auf und lässt neue Perspektiven zu. Dadurch kann das Selbstbewusstsein gestärkt werden. Außerdem schafft sie Erinnerungen an eine besondere und häufig auch besonders sensible Zeit. Klient*innen finden hier Raum für Bedürfnisse, Gefühle und Wünsche und Hilfe beim Verarbeiten von aufwühlenden Ereignissen.

Das Schöne ist, dass Kunsttherapie keine Vorkenntnisse der Klient*innen benötigt. Jede*r kann Kunst machen.

Es entsteht ein greifbares Gegenüber

Am Ende haben meine Klient*innen ein ästhetisches, künstlerisches Produkt erschaffen. Dieses kann mitgenommen werden und ein wichtiges Gegenüber darstellen. Unbestimmte Gefühle wurden in etwas Sichtbares und Beständiges übertragen. Dadurch bekommen meine Klient*innen auch nach Jahren noch einen schnellen Zugang zu den Gefühlen, die sie während des künstlerischen Prozesses hatten, und können immer wieder einen starken emotionalen Zugang zu dieser Zeit herstellen. Das kann psychische Gesundheit nachhaltig unterstützen.

Links abstrakte Zeichnung mit Kugelschreiber, rechts gezeichnetes Selbstportrait von Hannah Elsche.

Meine Klient*innen haben sich im Erschaffungsprozess als selbstbestimmt, kreativ und handlungsfähig erlebt. Das können sie auf ihre Lebenssituation übertragen. Es kann ihnen das Gefühl von Selbstwirksamkeit geben. Frauen, die ihr Kind z. B. mit einem ungeplanten Kaiserschnitt geboren haben und darunter leiden, können sich so ein Stück Handlungsfähigkeit zurückerobern. Ein Maltagebuch kann bei Ängsten in der Schwangerschaft und die Kontaktaufnahme zum ungeborenen Kind unterstützen.

Frauen nach einer Fehlgeburt nutzen die Kunst häufig dazu, sich eine greifbare Erinnerung an ein Leben, das sie zu früh aufgeben mussten, zu schaffen. So erhält es Sichtbarkeit und körperhafte Präsenz.

Überhaupt hat der Prozess des kreativen Gestaltens einen sehr symbolhaften Charakter: Bilder können bewusst verändert, weggepackt oder bei mir im Atelier gelassen werden.

Im Mittelpunkt steht der Prozess

Diese künstlerischen und psychischen Erfahrungen werden in der Regel verinnerlicht, bewirken immer etwas und bleiben den Klient*innen erhalten.

Ich begleite meine Klient*innen einfühlsam und stehe ihnen mit meinen Erfahrungen und meiner Expertise sowohl im künstlerischen Prozess als auch bei der Reflexion zur Seite. Der Weg ist das künstlerische Schaffen. Ich gebe keine Themen vor. Alles darf geschehen und ist erlaubt. Es geht nicht darum, schöne Bilder zu malen, sondern einen Ausdruck für an die Oberfläche drängende Themen zu finden. Allen Ängsten und Wünschen darf Raum gegeben werden. Das Setting bietet dafür unterschiedlichste Materialien, Raum und Ruhe. Im Mittelpunkt steht der Prozess, der zusammen mit dem Bild am Ende einer Sitzung betrachtet wird.

Das Angebot ist bewusst niedrigschwellig gestaltet und hinsichtlich des Zeitfaktors schnell abrufbar. Es kann über einen selbstgewählten Zeitraum nach eigenem Ermessen wahrgenommen werden, sollte aber mindestens fünf Sitzungen beinhalten, damit ich in der Lage bin, möglicherweise aufwühlende Inhalte zu halten und aufzufangen.

Links ein abstraktes farbiges Bild, rechts eine schwarz-weiße Collage mit Zeitungsausschnitten.

Sich selbst wieder als handlungsfähig erleben

In meinen Einzel- und Gruppenangeboten können je nach Bedarf Menschen in ähnlichen Lebenssituationen zueinander finden. Ich kann aber auch auf spezielle individuelle Bedürfnisse eingehen. Dabei vereint die Menschen in dieser Lebenssituation der Wunsch anzukommen sowie der Wunsch sich bleibende Erinnerungen an eine besondere Zeit zu schaffen, indem sie sich lustvoll und genussvoll dem kreativen Moment hingeben.

Mein Anliegen ist es, Menschen an einem Punkt, an dem sich alles verändert, durch Kreativität und das Sich-selbst-als-handlungsfähig-Erleben ein Stück Autonomie und Selbstbestimmung zurückzugeben und sie zu stärken.