Beziehungstypen unterscheiden und individuell coachen

Vier Finger, die mit Gesichtern bemalt sind - fröhlich, neutral, traurig, wütend.

Im Coaching zeigen sich unterschiedliche Anliegen und Themen - aber auch die Motivation unserer Klient*innen kann verschieden sein. In Anlehnung an Steve de Shazer zeigen sich in der Praxis vier unterschiedliche „Typen“, die uns im Coaching aufsuchen. Welche Typen es gibt und wie du im Coaching individuell auf sie eingehen kannst.

Personen kommen aus verschiedenen Gründen und Anlässen zu uns ins Coaching. Aber auch ihre Motivation kann sehr verschieden sein. Während wir mit dem einen gleich beginnen können, über Ziele zu sprechen, braucht die andere erstmal Zeit, um ihre Situation zu verstehen. In Anlehnung an die Kategorisierung von Steve de Shazer zeigen sich in der Praxis vier unterschiedliche „Typen“, die uns im Coaching aufsuchen.

Um die Personen dort abzuholen, wo sie sich zunächst gerade befinden, ist es hilfreich, diese „Typen“ und ihre Besonderheiten zu kennen, wenngleich das nur eine grobe Orientierung bietet. Eine individuelle Vorgehensweise ermöglicht auf beiden Seiten einen guten Start ins Coaching.

Welche Typen gibt es also?

Frau mit weißem Oberteil und roten Haaren, die skeptisch guckt.

1. Die Besucher*innen

Besucher*innen kommen zu uns in Coaching und haben meist zu Beginn kein konkretes Anliegen und auch keinen aktuellen Wunsch nach Veränderung. Sie fühlen sich oft geschickt und kommen nicht freiwillig. Initiiert ist das Coaching beispielsweise von Vorgesetzten oder Lebenspartner*innen.

Ein Beispiel: Herrn Schuster wird von seinem Chef aufgrund der schlechten Umfrageergebnisse unter den Mitarbeitenden zu einem Coaching geraten. Herr Schuster hingegen findet die Ergebnisse jetzt nicht so schlecht und geht nur ins Coaching, weil sein Chef das will und er mögliche Konsequenzen befürchtet.

Was kannst du tun?

Ein erster Schritt kann hier sein, „Besucher*innen“ nach der positiven Absicht zu fragen: „Was glauben Sie, erhofft sich XY von dem Coaching?“ oder „Was glauben Sie, war die Motivation von XY, Ihnen ein Coaching vorzuschlagen?“

Ist dieser Weg wenig zielführend, kannst du im zweiten Schritt den Fokus auf die Ressourcen legen, indem du fragst, was momentan gut läuft und womit er oder sie zufrieden ist. Anschließend stell die Frage, was er oder sie sich gerne anders wünschen würde und versuche, daraus ein mögliches Ziel abzuleiten.

Mann zeigt wütend mit dem Zeigefinger direkt in die Kamera.

2. Die Klagenden

Klagende Personen erkennen wir daran, dass sie sich gerne über andere beschweren. Sie suchen die Schuld und Lösungen bei ihren Mitmenschen und erwarten diese auch von ihnen. Ganz nach dem Motto „Wenn die anderen so wären, wie ich sie will, dann würde es mir viel besser gehen.“

Ein Beispiel: Herr Mayer erzählt, dass seine Schwiegermutter andauernd bei ihm und seiner Frau ist, seit sie in deren Nähe wohnt. Dem Schwiegervater fällt das laut Herrn Mayer gar nicht auf, sonst könnte der doch auch mal etwas mit ihr unternehmen, damit sie beschäftigt ist. Und die Frau von Herrn Mayer freut sich sogar, dass ihre Mutter ständig da ist. Herr Mayer findet das unmöglich, wo sie doch genau weiß, dass er gern seine Ruhe hat und Zeit für sich braucht.

Was kannst du tun?

Versuche mithilfe eines Perspektivwechsels eine andere Sicht auf die Dinge zu erzielen und „Klagende“ Schritt für Schritt dabei zu unterstützen, die eigene Person und das eigene Verhalten in Bezug auf die jeweilige Situation zu reflektieren.

Gib ihnen Beobachtungsaufgaben für zwischen den Sitzungen mit. Diese helfen, den eigenen Einfluss auf die jeweilige Situation zu erkennen.

Zwei Frauen sitzen lächelnd zusammen am Schreibtisch, die eine zeigt der anderen etwas auf einem Tablet.

3. Die Kund*innen

Kund*innen sind Personen, bei denen ein ganz klarer Wunsch nach Veränderung besteht. Sie kommen zu uns mit einem konkreten Anliegen und haben eine ungefähre Vorstellung davon, was sich verändern soll. Darüber hinaus ist ihnen auch bewusst, dass sie diejenigen sind, die an der Veränderung aktiv mitwirken müssen.

Ein Beispiel: Frau Baumgarten ist mit ihrer aktuellen Arbeitssituation unzufrieden. Seit längerem merkt sie, dass sie in ihrer Tätigkeit unterfordert ist. Um sich darüber klar zu werden, welche Aufgabe besser zu ihr passen würde, kommt sie ins Coaching.

Was kannst du tun?

Für Kund*innen wie Frau Baumgarten kannst du dein ganzes Repertoire nutzen, dass dir zur Verfügung steht. Ein erster Schritt ist die klare Zieldefinition. Hier bietet sich auch wunderbar das Führen eines Coaching-Tagebuchs an, um Beobachtungen und erste kleine Veränderungen zu dokumentieren.

Frau sitzt am Schreibtisch und notiert etwas in einem Notizbuch.

4. Die Co-Coaches

Co-Coaches kommen mit einer ganz konkreten Vorstellung zu uns und haben oft sogar schon fertige Lösungsideen dabei. Ihnen geht es in erster Linie darum, ihre Entscheidung oder ihr Vorhaben noch einmal mit unserer Hilfe von allen Seiten zu beleuchten.

Ein Beispiel: Der Standort, an dem Frau Müller tätig ist, schließt demnächst. Sie hat das Angebot bekommen, an einem anderen Standort ihre Arbeit weiterzuführen. Das kommt jedoch für sie nur unter gewissen Kriterien in Frage. Diese Punkte möchte sie im Coaching noch einmal durchgehen, um sich sicher zu sein, dass sie nichts vergessen hat.

Was kannst du tun?

In diesem Fall kannst du mit einem neutralen Blick von außen unterstützen. Hierbei ist es hilfreich, auch umliegende Systeme mit einzubeziehen und deren Perspektive mit zu berücksichtigen. Gegebenenfalls werden noch nicht durchdachte Varianten, mögliche Optionen und gangbare Alternativen gefunden.


Oftmals ist eine Einteilung in diese „Typen“ nicht immer ganz leicht und sofort erkennbar. Nichtsdestotrotz bietet dir schon das Nachdenken darüber eine Möglichkeit zur Orientierung und schafft erste Interventionsideen.