Die 5 größten Fallstricke beim Gutachten schreiben – und wie du sie umgehen kannst
Sitzt du oft stundenlang an den Berichten für den Gutachter, damit die Therapie befürwortet wird? Befürchtest du, dass der Kassenantrag abgelehnt werden könnte? Oder hast du bereits die Erfahrung gemacht, dass der Gutachter den Antrag bemängelt? Dann kann es vielleicht daran liegen, dass du die nachfolgenden 5 wichtigsten Fallstricke nicht beherzigt hast.
Du befindest dich in der Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten oder hast gerade deine Ausbildung abgeschlossen? Befürchtest du, dass der Kassenantrag abgelehnt werden könnte oder hast du bereits die Erfahrung gemacht, dass der Gutachter den Antrag aufgrund deines Berichts bemängelt oder abgelehnt hat? Vielleicht fragst du dich, was du falsch gemacht hast und sitzt oft stundenlang an den Berichten für den Gutachter, damit die Therapie befürwortet wird?
Einen Bericht an den Gutachter zu schreiben ist eine unliebsame und mühselige Arbeit, vor allem, wenn einem die Übung fehlt. Du hast nun deinen Bericht verfasst, hast an alles gedacht, die Unterlagen sind vollständig und formal richtig (Konsiliarbericht, PTV-Formulare, evtl. Klinikberichte) und er entspricht den Fragestellungen des KV-Infoblattes. Und er ist trotzdem abgelehnt worden? Dann kann es vielleicht daran liegen, dass du die nachfolgenden 5 wichtigsten Fallstricke nicht beherzigt hast:
Fallstrick Nr. 1: Wirtschaftlichkeit, Krankheitswert, Indikation
Eine Psychotherapie muss ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein, damit die Krankenkasse die Kosten trägt. Prüfe, ob dein therapeutisches Verfahren zugelassen ist und die Methoden den Richtlinien entsprechen. Nimm dir hierzu den Kommentar zu den Psychotherapie-Richtlinien von Faber/Haarstrick zur Hilfe. Ist die Therapie zweckmäßig? Liegt Krankheitswert vor, auf den die Behandlung ausgerichtet ist? Und ist ein ausreichender Behandlungserfolg zu erwarten? Wenn ja, dann ist die Therapie wirtschaftlich.
Krankheitswert ist dann gegeben, wenn eine Erkrankung vorliegt, welche der Leistungspflicht der Krankenkasse entspricht. Sie muss dazu dienen, Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Wenn du in deinem Bericht allgemeine Konflikte im sozialen Umfeld, familiäre Belastungen, Überforderungen und Veränderungen wie bspw. eine Trennung vom Partner beschreibst, wird der Gutachter die Therapie nicht befürworten. Denn diese gehören zur allgemeinen Lebensbewältigung und begründen keine psychotherapeutische Behandlung. Dies gilt ebenso für Coaching und Beratung (bspw. Erziehungs- und Paarberatung). Auch bei nicht-richtlinienkonformen Verfahren wie bspw. Gesprächstherapie, Gestalttherapie, Psychodrama oder Transaktionsanalyse, um nur einige zu nennen, wird der Gutachter die Therapie nicht befürworten.
Achte also auf das richtige Verfahren mit den richtigen Methoden. Prüfe, ob Krankheitswert vorliegt und wie deine psychotherapeutische Behandlung begründet wird, denn: zugelassen sind nur folgende Verfahren: Verhaltenstherapie, tiefenpsychologische und analytische Therapie. Beachte, dass Therapieverfahren, Therapiemethoden oder- techniken, die nicht den Richtlinien entsprechen, zur Ablehnung führen.
Fallstrick Nr. 2: EMDR
EMDR ist inzwischen als Methode der Einzeltherapie bei Erwachsenen im Anwendungsbereich der posttraumatischen Belastungsstörung als Kassenleistung anerkannt. Dabei muss es sich allerdings um eine gesicherte PTBS handeln, dann kann EMDR („Eye-Movement-Desensitization and Reprocessing“) angewandt werden.
Fallstrick Nr. 3: 2-Jahresfrist
Einer der häufigsten Irrtümer ist die Annahme, dass nach einer Beendigung der Therapie innerhalb von zwei Jahren keine neue Therapie beantragt werden kann oder darf. Das ist falsch. Ein neuer Antrag auf Psychotherapie innerhalb des 2-Jahres Intervalls ist nur stets gutachterpflichtig. Sprich, es muss ein Bericht an den Gutachter geschrieben werden. Wichtig ist, dass du auf die Ergebnisse der Vortherapie eingehst und darauf, wie diese für die neu beantragte Therapie genutzt werden können.
Fallstrick Nr. 4: Vorbehandlungen und Klinikaufenthalte
Alle wichtigen Vorbehandlungen und Klinikaufenthalte solltest du erwähnen. Wenn ein Patient bereits eine Langzeittherapie bei dir oder einem anderen Vortherapeuten durchgeführt hat und erneut eine Therapie wünscht, sollten sich die im aktuellen Antragsbericht beschriebenen Probleme und Gründe für die erneute Aufnahme einer Therapie von denen in früheren Anträgen unterscheiden. Dies gilt vor allem dann, wenn es sich um die gleiche Diagnose handelt. Der Gutachter wird sonst anmerken, dass die erneut beschriebenen Probleme in der Vortherapie doch ausführlich bearbeitet und entsprechende Veränderungsmöglichkeiten entwickelt wurden. Auch wird er nachfragen, warum die Vortherapie keinen Erfolg hatte. Im neuen Antrag sollte daher dargestellt werden, was in der Vortherapie erreicht wurde bzw. worin genau noch die Schwierigkeiten bestehen. Eine Vortherapie zu verschweigen oder nicht näher darauf einzugehen, kann zu einer Ablehnung führen, zumal der Gutachter einen Auszug aus der Krankenakte des Patienten erhält. Bei Widersprüchen oder fehlenden Angaben wird der Gutachter den Antrag nur schwer befürworten können.
Fallstrick Nr. 5: Alkohol und Sucht
Eine ambulante Psychotherapie bei Patienten mit einer Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenabhängigkeit ist ausnahmsweise auch dann möglich, wenn noch keine vollständige Abstinenz vorliegt - unabhängig von der weiterhin bestehenden Einschätzung, dass Abstinenz eine Voraussetzung zur Zielerreichung einer erfolgreichen Therapie ist. Die Abstinenz muss jedoch Ziel sein und nachweisbar nach maximal 10 Therapiestunden erreicht werden. Dies ist durch eine ärztliche Bescheinigung nachzuweisen. Bei einem Erstantrag ist es also möglich, dass der Gutachter zunächst nur 10 Stunden befürwortet und für die Verlängerung der Therapie einen Nachweis fordert. Bei einem Umwandlungsantrag sollte die Abstinenz schon erreicht worden sein. Dabei reicht es nicht, wenn du im Antragsbericht schreibst, dass der Patient glaubhaft seine Abstinenz versichert. Ohne ärztliche Bescheinigung wird der Gutachter den Antrag ablehnen.
Bei einem Rückfall darf die Therapie nur dann fortgesetzt werden, wenn sofortige Behandlungsmaßnahmen zur Wiederherstellung der Abstinenz getroffen werden.
Denke beim Schreiben der Gutachten also daran, diese 5 Fallstricke zu beherzigen und schon minimierst du die Wahrscheinlichkeit, dass der Antrag abgelehnt wird.