Messengerdienste in der Kommunikation mit Klient*innen nutzen?

Frau sitzt mit Smartphone in der Hand auf einer Parkbank.

Messengerdienste sind aus unserem Kommunikationsalltag und dem unserer Klient*innen nicht mehr wegzudenken. Doch in Coaching-, Therapie- und Supervisionsprozessen finden sie bisher meist wenig Beachtung. Wie können Messengerdienste in der Kommunikation mit Klient*innen genutzt und was sollte bei der Umsetzung beachtet werden?

Terminorganisation und kleinere Absprachen erledigen schon einige Fachkräfte per Messengerdienste, aber welche Chancen und Möglichkeiten bieten sich darüber hinaus? Wie können Messengerdienste sinnvoll in Entwicklungsprozesse eingebunden werden? Und was sollte bei der Umsetzung beachtet werden?
 

Messengerdienste sind ein fester Bestandteil in unserem Alltag

Unter dem Begriff Instant Messaging versteht man eine Kommunikationsmethode, bei der Nachrichten sofort über das Internet oder einen Server übermittelt werden – der Messenger ist dann sozusagen der Bote, der Dienst, der die Nachrichtenübertragung übernimmt. Seit Mitte der Neunzigerjahre gibt es Messengerdienste: Zunächst ausschließlich auf dem Computer, aber dank der Entwicklung des Smartphones und des mobilen Internets nun schon seit Jahren auch als App auf unseren Handys.

Zwei Männer und drei Frauen sitzen nebeneinander auf einer Bank, tippen auf ihren Smartphones herum. Über ihren Köpfen sind unterschiedliche Emojis abgebildet.

Messengerdienste sind Alltag geworden: 68 % der Menschen ab 14 Jahren in Deutschland verwenden täglich einen Messengerdienst und sie sind beliebter als das Schreiben von E-Mails. Außerdem werden Messenger gerne genutzt, um Kommunikationspartner*innen schneller bzw. besser zu erreichen. Die Bedienung ist leicht und intuitiv und es gibt einen erweiterten Funktionsumfang: Es wird nicht nur telefoniert oder es werden Textnachrichten ausgetauscht, sondern auch Fotos und Sprachnachrichten verschickt oder per Video kommuniziert (ARD-ZDF-Onlinestudie, 2020;  OTT-Bericht der Bundesnetzagentur, 2020).
 

Zwischen den Terminen per Messengerdienst in Kontakt bleiben

Als Fachkräfte regen wir im Kontakt mit unseren Klient*innen Perspektivwechsel an, erweitern Möglichkeitsräume und geben Impulse. Die eigentliche Arbeit, also die Veränderung im Klient*innensystem, findet meiner Meinung nach aber in der Zeit statt, in der unsere Klient*innen nicht bei uns sind: Sie denken über den letzten Termin nach, lassen Inhalte sacken und reflektieren sich und ihr Anliegen. In genau dieser wichtigen Zeit sind wir als Fachkräfte nicht dabei. Um dennoch den Effekt des letzten Gesprächs zu vertiefen und nachhaltig zu gestalten, lassen sich Gesprächskontakte gut und unkompliziert per Messenger nachbereiten. Das kann dann zum Beispiel so gestaltet werden:

1. Fotos und Screenshots: Egal, ob ein Gesprächstermin online oder in Präsenz vor Ort stattgefunden hat, erstelle Screenshots oder Fotos von erarbeiteten Inhalten (Whiteboards/Flipcharts, Aufstellungen, Genogramme, Zeitlinienarbeit usw.) und verschicke diese. Deine Klient*innen können so nochmal ihre Gedanken im letzten Termin mit dir Revue passieren lassen.

2. Audiodateien: Du arbeitest gerne mit Entspannungs- oder imaginativen Übungen, aber deinen Klient*innen fällt es schwer diese in ihren Alltag zu übertragen und anzuwenden? Dann erstelle Audiodateien von deinen Übungen und verschicke auch diese per Messengerdienst. Handy an, Kopfhörer rein und schon ist deine Stimme und deine unterstützende Übung im Kopf deiner Klient*innen, jederzeit wann immer es gebraucht wird.

3. Freiwillige Hausaufgaben: Um erlangte Erkenntnisse auch auf den Alltag zu übertragen, kannst du mit deinen Klient*innen auch Übungen für die Zeit bis zum nächsten Termin vereinbaren. Meine Klient*innen mögen es beispielsweise, ihre Hausaufgaben zur Ressourcenaktivierung per Messengerdienst mit mir zu teilen oder zu kommentieren. Die Sicherheit, ihre Therapeutin per Messenger erreichen zu können oder auch ihre Erfolge zu feiern, hilft ihnen dabei Verhaltensmuster zu unterbrechen und mit neuen Möglichkeiten zu experimentieren.

4. Zusätzliche Impulse: Bei der Nachbereitung eines Gesprächs fallen mir häufig noch Impulse ein, die für meine Klient*innen hilfreich sein könnten: Zitate, Musiktitel, Fotos, Videos, Links, Buchempfehlungen und vieles mehr. Warum nicht auch diese Gedanken noch zwischen zwei Terminen per Messengerdienst verschicken?

Das Schöne an diesen Arten der Nachbereitung ist, dass deine Klient*innen später alle Inhalte in einem Messengerchatverlauf auf ihrem Handy haben und bei Bedarf immer mal wieder zurückscrollen und nachlesen können, welchen Fortschritt sie in ihrem Therapieprozess schon erzielt haben.

Frau sitzt lächelnd zu Hause auf der Couch und schaut auf ihr Handy.

Onlineberatung per Messengerdienst

Für alle Fachkräfte, die online arbeiten und über eine entsprechende Qualifikation verfügen, kann es außerdem interessant sein, ihre Beratung per Messengerdienst direkt anzubieten: Alle Onlineberatungsmöglichkeiten sind als eine Art Mini-Format in einem Messengerdienst vorhanden. Statt verschiedener teurer Programme und Softwarelösungen für jeden einzelnen Onlineberatungsweg (Telefon, Video, Chat, E-Mail) lassen sich auch Messengerdienste als to-go-Variante für mobile Onlineberatung einsetzen.

Online zu beraten ist allerdings nicht das gleiche wie offline, insbesondere nicht wenn es um textbasierte Beratung per E-Mail oder Chat oder der Gestaltung von Gruppenchats geht. Eine professionelle Qualifikation zur Onlineberater*in ist hier grundlegend.
 

Herausforderungen in der Kommunikation per Messengerdienst

Trotz der Möglichkeiten die Messengerdienste bieten, gibt es meiner Erfahrung nach einige Fragen und Faktoren, die bei der Umsetzung beachtet werden sollten: Wird durch den Kontakt per Messengerdienst nicht eine Dauererreichbarkeit suggeriert? Gibt es höhere Erwartungen an mich bei meiner Antwortgeschwindigkeit? Werden Nachrichten per Messenger nicht zu schnell und unreflektiert verschickt? Und wie sieht es mit dem Datenschutz aus?

Das sind Fragen, die auch ich mir bei der Benutzung von Messengerdiensten mit meinen Klient*innen schon gestellt habe. Hilfreich ist aus meiner Sicht das gemeinsame Nutzen des Messengers zu besprechen:

  • Kläre, wann du erreichbar bist und wann nicht (Feierabend, Wochenende, Urlaub). Wenn es dir schwerfällt dich abzugrenzen, schalte dein Arbeitshandy entsprechend aus.
  • Nutze die Funktion „Nachricht gelesen“ des Messengerdienst: Auf diese Art fragen sich deine Klient*innen nicht unnötig, ob du ihre Nachricht vielleicht schon gelesen hast oder warum du nicht antwortest.
  • Entschleunige: Lese neue Messengernachrichten erst, wenn du auch wirklich Zeit zum Antworten hast – du musst nicht sofort auf alles reagieren.

Das Setzen von Grenzen und ein achtsamer Umgang mit dir und deiner Zeit ist auch für deine Klient*innen ein wichtiges Vorbild und Signal.

Frau läuft auf dem Bürgersteig und schaut dabei auf ihr Handy.

Welcher Messengerdienst ist der richtige für meine Arbeit?

Wer auf der Suche nach einem geeigneten Messengerdienst für seine Tätigkeit ist, hat die Qual der Wahl: Es gibt sehr viele Messenger auf dem Markt, wie soll man sich da richtig entscheiden? Hilfreich können hier die folgenden Entscheidungskriterien sein:

  • Verbreitung: Welcher Messengerdienst wird wie häufig genutzt? Welchen Messengerdienst nutzt meine Zielgruppe?
  • Kosten: Viele Messengerdienste sind kostenfrei, manche kosten einmalig bei Download oder monatlich. Sind eventuell anfallende Kosten eine Hürde für meine Zielgruppe?
  • Benutzerfreundlichkeit: Ist der infrage kommende Messengerdienst leicht und intuitiv zu bedienen? Gefällt mir die Gestaltung des Layouts?

Datenschutz: Im Kontext von Coaching, Therapie und Supervision werden sensible Daten ausgetauscht. Der Datenschutz spielt daher eine wichtige Rolle! Schützt der Messengerdienst im ausreichenden Maße die Kommunikation zwischen mir und meinen Klient*innen? Verspricht er lediglich sichere und private Kommunikation oder hält er sich auch an die Datenschutzgrundverordnung?

Smartphonedisplay mit unterschiedlichen Messengerdiensten darauf.

Für Psychotherapeut*innen gilt: Einige Psychotherapeutenkammern empfehlen die Nutzung von Messengerdiensten aus Datenschutzgründen ausdrücklich nicht (siehe z. B. PK Hamburg). Andere wiederum verweisen darauf, dass die „Nutzung von Messengerdiensten für eine Kommunikation mit Patient*innenen sowohl datenschutzrechtlich als auch berufsrechtlich zu beurteilen ist“ (PK Rheinland-Pfalz). „Patient*innen sollten in jedem Fall darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Datensicherheit bei Messengerdiensten eingeschränkt ist“, rät die PK Niedersachsen.

Von der Nutzung von WhatsApp wird allgemein abgeraten! Eine Übersicht über alternative Messengerdienste und ihre Datenschutzrichtlinien findest du bei der Verbraucherzentrale und bei Connect.

Gibt es denn überhaupt den einen, perfekten Messengerdienst für die Kommunikation mit Klient*innen? Meiner Erfahrung nach mit Stand heute, leider nein: Bisher ist mir noch kein Messengerdienst begegnet, der weit verbreitet, kostenlos und benutzerfreundlich ist und auch die Daten DSGVO-konform schützt. Es scheint mir vielmehr darum zu gehen Prioritäten zu setzen und zu überlegen, wo man - je nach konkretem Arbeitskontext - Abstriche machen will und kann und wo nicht.
 

Fazit

Messengerdienste können eine wirkungsvolle Ergänzung für deine Arbeit mit Klient*innen sein: Überlege dir, wen du auf welche Art erreichen möchtest und was du bei der Umsetzung beachten solltest. Mit ein paar kleinen Vorüberlegungen kannst du dein Angebot noch ein wenig smarter und alltagsnäher gestalten.