Was du als KiJu über die neue Psychotherapie-Richtlinie wissen solltest

Die neue Psychotherapierichtlinie ist seit 2017 in Kraft. Aber welche von den vielen Paragraphen sind für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten wichtig? Hier findest du kompakt die wichtigsten Neuerungen.

Die neue Psychotherapierichtlinie ist seit 2017 in Kraft. Aber welche von den vielen Paragraphen sind für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten wichtig? Grundsätzlich gelten alle Regelungen und Neuerungen der Psychotherapie-Richtlinie auch für den Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie. Die hatten wir hier schon einmal für dich zusammengefasst. Nur in einigen Bereichen gibt es Abweichung und auch einige wenige zusätzliche Neuerungen, die nur für KiJus gelten - und die zeigen wir dir jetzt.

Wie wird das Alter der Kinder und Jugendlichen definiert – die Altersgrenze

Die Regelung ist ganz einfach: Bis einschließlich dreizehn Jahren werden die Patientinnen und Patienten als Kinder und von 14 bis einschließlich 21 Jahren als Jugendliche bezeichnet. Patientinnen und Patienten ab 18 Jahren können wählen, ob sie lieber zu einem Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten gehen oder eine Erwachsenenpsychotherapie beginnen wollen. Das war auch schon vor der Neuregelung so. Neu aber ist, dass eine schon angefangene Kinder- und Jugendpsychotherapie auch nach dem 21. Lebensjahr fortgeführt bzw. noch abgeschlossen werden kann.

Wer darf in die Therapie einbezogen werden?

Anders als früher können nun auch Bezugspersonen aus dem sozialen Umfeld in die Therapie einbezogen werden. Das ist wichtig! Endlich können auch Lehrer, Erzieher oder Freunde an dem therapeutischen Prozess teilnehmen – auch schon in der Sprechstunde und den probatorischen Sitzungen.

Bezugspersonen schon in der Sprechstunde – geht das?

Bezugspersonen können auch schon in die Sprechstunden miteinbezogen werden. Von den zehn möglichen Sprechstunden dürfen vier mit Personen des sozialen Umfelds geführt werden – ohne das Kind oder den Jugendlichen.

Wie viele psychotherapeutische Sprechstunden können für Kinder und Jugendliche angeboten werden?

Die Anzahl der Sprechstunden ist tatsächlich anders geregelt als im Erwachsenenbereich. Insgesamt an zehn Terminen (je 25 Minuten) kann die Sprechstunde für Kinder und Jugendliche stattfinden.

Ist die Sprechstunde sinnvoll?

Nach etwas mehr als einem Jahr Erfahrungen finden viele KiJus die Sprechstunde sehr sinnvoll. Es kann sofort geschaut werden, ob Behandlungsbedarf besteht oder ob eher eine Erziehungsberatung oder andere pädagogischen Unterstützungssysteme sinnvoll wären. Durch die Sprechstunde kann schneller gehandelt werden, wenn die Notwendigkeit einer Psychotherapie diagnostiziert wird. Das bedeutet aber nicht, dass die Neuregelung größeren Kapazitäten in den Praxen schafft. Nur die Wartezeiten auf ein erstes Gespräch minimieren sich dadurch.

Wie viele probatorische Sitzungen sind möglich?

In der Therapie von Kindern und Jugendlichen sind nun zwei bis sechs probatorische Sitzungen möglich. Die probatorischen Sitzungen können mit dem Kind bzw. Jugendlichen und seinen Eltern oder wichtigen Bezugspersonen durchgeführt werden. Sie können auch teilweise mit den Eltern alleine stattfinden. 

Akutbehandlung auch bei Kinder und Jugendlichen

Akutbehandlung ermöglicht es, diejenigen Kinder und Jugendliche direkt zu unterstützen, bei denen sofortiger Behandlungsbedarf besteht. Die Akutbehandlung kann nach der Sprechstunde beginnen und aus maximal 24 Sitzungen (je 25 Minuten) bestehen. Wichtig: Die Akutbehandlung wird nicht bei der Krankenkasse beantragt, muss ihr jedoch gemeldet werden.

Wie ist das mit den Einweisungen?

Auch wenn diese Regelung für alle Psychotherapeuten gilt, hat sie auch für KiJus eine große Bedeutung und ist eine Neuerung, auf die du dich einstellen musst. Du darfst ab sofort Krankenhausbehandlungen und Krankenbeförderungen verordnen. Je nach Indikation (Diagnosen, bei denen nach der Richtlinie eine Psychotherapie sowie eine neuropsychologische Therapie möglich sind) darfst du nun einen deiner Patienten ins Krankenhaus zur stationären Behandlung einweisen. Und auch die Fahrt dorthin kannst du ihm verordnen.

Wie viele Stunden sind in der Langzeittherapie mit Kindern und Jugendlichen möglich?

Die Anzahl der Stunden für eine Langzeittherapie können je nach Therapieform variieren. Bei Erstantrag sind in der tiefenpsychologisch fundierten und der analytischen Psychotherapie jeweils 70 Stunden und im Gruppensetting 60 Stunden möglich. Jugendliche können sogar 90 Stunden im Einzelsetting bekommen. Bei der Verhaltenstherapie sind es 60 Stunden im Einzelsetting, sowohl für Kinder als auch für Jugendliche.

Kommt es zu einer Therapieverlängerung, sind in der tiefenpsychologisch fundierten und der analytischen Psychotherapie für Kinder im Einzelsetting bis zu 150 Stunden möglich, für Jugendliche sogar 180 Stunden. In der Gruppentherapie sind es jeweils bis zu 90 Stunden. Und in der Verhaltenstherapie sind bei einer Verlängerung 80 Stunden möglich.

Wie viele Stunden können für die Rezidivprophylaxe verwendet werden?

Um drohende Rückfälle zu vermeiden, kann es sinnvoll sein, Patienten nochmal einzubestellen, auch wenn deren Langzeittherapie bereits beendet wurde.  Bei der Therapie mit Kindern und Jugendlichen können maximal zehn Stunden (bei einer Behandlungsdauer von 40 – 59 Stunden) und maximal 20 Stunden bei einer Behandlungsdauer von 60 oder mehr Stunden zur Rezidivprophylaxe verwendet werden.