Coaching-Q&A: Es gibt schon so viele Coach:innen. Wie gehe ich mit Zweifeln um?

Eine Frau sitzt am Schreibtisch und hat ihren Kopf mit zweifelndem Gesichtsausdruck auf ihre Tasse gestütz, die sie in der rechten Hand hält.

Ob du am Anfang deiner Selbstständigkeit stehst, bereits seit Jahren selbstständig bist oder überlegst, eine Coaching-Ausbildung zu machen: der Gedanke, warum grade dein Angebot gefragt sein sollte, wenn es doch schon zigtausend Coach:innen auf dem Markt gibt, kommt dir wahrscheinlich bekannt vor - oder? Gefühlt ist heute fast jede:r Coach:in. Kein Wunder, dass sich da schon mal Zweifel melden.

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Bevor wir loslegen, lass uns einen kurzen Blick auf die Entwicklung des Coachingmarktes in den letzten Jahren werfen:

In der Coaching-Markt Analyse der Uni Marburg aus dem Jahr 2016/17 (Stephan & Rötz, 2018, S. 1) heißt es: „Coaching boomt … nach wie vor! Coaching hat sich in den vergangenen 20 Jahren zum populärsten Format unter den Personalentwicklungsinstrumenten im Management entwickelt. Der Umsatz im deutschen Coaching-Markt betrug im Jahr 2016, unseren konservativen Berechnungen zufolge, etwa 520 Mio. Euro. Seit Beginn der 2010er-Jahre (...) verzeichnete der Markt im deutschsprachigen Raum ein durchschnittliches jährliches Wachstum von etwa 10 Prozent.” Die Ergebnisse der Coaching-Studie beziehen sich auf Business Coachings zu Zwecken der Personalentwicklung. Life Coach:innen wurden nicht berücksichtigt. Laut WirtschaftsWoche gibt es 2021 in Deutschland ca. 30.000 Menschen, die sich Coach:in nennen.

Was macht es mit dir, wenn du das liest? Weckt es deinen Ehrgeiz oder möchtest du am liebsten den Kopf in den Sand stecken? Ich lade dich dazu ein, den Kopf oben zu halten und dich von Zahlen im Außen nicht verwirren zu lassen, sondern bei dir zu bleiben.

Folgende Punkte sind meiner Meinung nach wichtig, um dich selbstbewusst im Coaching-Markt zu bewegen. Sie haben mir dabei geholfen, in den letzten 8 Jahren eine hauptberufliche Selbstständigkeit als Coachin aufzubauen:

 

Deine Intention ist der Grundpfeiler

Wenn du erfolgreich als Coach:in sein willst, musst du es wollen. Es klingt wie ein Kalenderspruch, doch es ist die Wahrheit: Deine Intention ist der Grundpfeiler deines Erfolgs. Klar darfst du auch zweifeln und straucheln, aber dann geht es darum, dich wieder zu fangen und zu spüren, dass du es wirklich willst.

Auf den Seiten eines aufgeschlagenen Notizbuchs steht "The Best is yet to Come".

Als ich gelesen habe, dass 8 Prozent aller Coach:innen es schaffen, vom Coaching zu leben, habe ich erst mal Angst bekommen. 8 Prozent klingt wenig. Doch: 8 Prozent in absoluter Zahl sind ganz schön viele Menschen, habe ich mir vor Augen geführt! Und warum sollte ich nicht eine von ihnen sein, so mein Gedanke. Ich habe mir eine riesengroße, dreidimensionale, liegende Acht vorgestellt, auf der ich tanze und mich freue, dass es geklappt hat.

 

Investiere in dich & bilde dich weiter

Als Coach:in bist du nicht „nur” Coach:in: Du bist auch Geschäftsfrau/-mann, Verkäufer:in, Buchhalter:in, Social Media Manager:in, Netzwerker:in und mehr. Immer wieder bist du gefordert, Neues zu lernen. Ich habe mich in den letzten 8 Jahren intensiv in den Bereichen Verkauf und Marketing weitergebildet und empfehle es jede:r Coach:in. In der Coachingtätigkeit gut zu sein, ist wichtig, doch dich selbst selbstbewusst vermarkten zu können, ist es genauso.

 

Positioniere dich klar

Du brauchst nicht von Anfang an die perfekte Positionierung zu haben, denn die findet sich meiner Erfahrung nach, während du mit deinen ersten Kund:innen arbeitest und deinen Blick dafür schärfst, bei welchen Herausforderungen du deine Kund:innen am besten unterstützen kannst und an welchen Themen du am meisten Freude hast. Je genauer du weißt, wer deine Zielgruppe oder Wunschkund:in ist und bei welchen Problemen du mit deinem Coachingangebot weiterhilfst, desto eher wirst du als Go-to-Person wahrgenommen und kannst Kund:innen für dein Angebot begeistern.

 

Konzept & Preise

Wenn du hauptberuflich als Coach:in arbeiten möchtest, brauchst du ein Konzept und Preise, die dir das ermöglichen. Einzelne Coaching-Termine zu verkaufen, ist aus meiner Sicht unwirtschaftlich. Stattdessen bieten sich Coaching-Pakete an, die du mit einem Preis versiehst, der es dir auch ermöglicht, davon leben zu können.

 

Mach dich sichtbar

Wenn du dich auf dem Coaching-Markt behaupten willst, kommst du um deine Sichtbarkeit nicht herum: Social-Media-Kanäle wie Instagram und LinkedIn sowie Offline-Bühnen, wie z. B. Vorträge zu halten, sind Möglichkeiten, um dich mit deiner Arbeit zu zeigen. Beachte dabei, dass die ausgewählten Kanäle und Plattformen zu deiner Zielgruppe passen und du Freude daran hast, sie regelmäßig zu bespielen.

Zwei junge Frauen sitzen am Tisch vor zwei Mikrofonen und führen ein Interview.

Liefere richtig gute Arbeit ab

Wirklich halten wird sich am Markt, wer dauerhaft richtig gut ist. Ich denke, Qualität setzt sich langfristig durch. Dafür ist es wichtig, möglichst viel Erfahrung zu sammeln und dich weiterzuentwickeln. Gezielt in die eigene persönliche Entwicklung zu investieren und dich selbst von guten Coach:innen coachen zu lassen, sind zwei mögliche Wege.

Tipp: Bei der Auswahl einer Coach:in oder Supervisor:in empfehle ich dir, auf dein Bauchgefühl zu achten (Fühlst du dich verstanden und gut aufgehoben? Hast du das Gefühl, die Person kann dir wirklich weiterhelfen und arbeitet transparent und professionell?) und den Umfang der Erfahrung der Coach:in in deine Entscheidung einzubeziehen. Da es für Coaching-Ausbildungen und -Verbände keine einheitlichen Qualitätsstandards gibt, sind sie meiner Meinung nach kein verlässliches Indiz für professionelle Arbeit.

 

Finde in Zweifelphasen wieder ins Vertrauen zurück

Das kannst du tun:

  • Lege ein Erfolgstagebuch an: Das kannst du auf deinem PC und deinem Handy tun. Ich habe auf meinem Handy einen Ordner, der „Positives Feedback“ heißt. Darin sammle ich Screenshots von Nachrichten, Kommentaren, Feedback und E-Mails, die mir meine Kund:innen schicken.
  • Erinnere dich daran, warum du als Coach:in arbeiten willst: Was begeistert dich daran? Du könntest ja auch was ganz anderes machen. Rufe dir in Zweifelphasen deine Motive ins Gedächtnis, warum du tust, was du tust.
  • Finde Verbündete: das können Coaching-Kolleg:innen oder andere Selbstständige sein, die ihren Weg mit Commitment und Entschlossenheit gehen. Ein unterstützendes Netzwerk zu haben, ist gerade in herausfordernden Phasen sehr hilfreich. Du findest Netzwerke für Selbstständige z. B. online via Google-Recherche.

Egal, wie viele Coach:innen es da draußen gibt: wenn du dich dazu bestimmt fühlst, diesen Weg zu gehen und Durchhaltevermögen, Entschlossenheit und Freude mitbringst, schaffst du es, deinen Platz zu finden.

 

Literatur

Stephan, M. & Rötz, C. (2018). Coaching-Marktanalyse 2016/17 - Ergebnisse der 4. Marburger Coaching Studie 2016/17. Online abrufbar unter (Stand 03.2023): https://www.uni-marburg.de/en/fb02/research-groups/business-administration/bwl01/research/2018-01_coaching_onelineversion.pdf

Deters, J. (2021). „Ich habe viele unsinnige Sachen gesehen“. WirschaftsWoche. Online abrufbar unter (Stand 03/2023): https://www.wiwo.de/erfolg/management/psychologe-ueber-coachings-ich-habe-viele-unsinnige-sachen-gesehen/26126980.html

 

Du hast Fragen rund ums Coaching? Dann schick uns eine E-Mail an redaktion@psylife.de oder schreib uns auf Social Media. In unserem Format „Coaching-Q&A“ wird Stefanie Jungbauer deine Fragen aufgreifen und dir Tipps aus ihrer Coaching-Praxis verraten. Du findest alle Teile der Reihe hier.